Podcast «BZ us dr Box»Das ist der Aare.guru
Die App Aare.guru ist für viele Aareschwimmer so selbstverständlich wie die Badehose. Gegen 125’000 Personen konsultieren Kaspar Allenbachs App vor einem Aarebad.
«I wet o söfu Schriis wi d Aare», stand am Donnerstag in der Aare.guru-App. Oder wenn die Young Boys Meister werden, steht da: «Wenn YB Meister werden tut, dann wird der Sommer gut.» Wer denkt, dass sich da jemand täglich einen lustigen Spruch ausdenkt, der eine Aktualität aufgreift, der liegt falsch. «Wir haben eine Tabelle, aus denen die Sprüche automatisch gezogen werden», sagt der Erfinder der App, Kaspar Allenbach.
Dennoch komme es sporadisch vor, dass einer der fünf App-Inhaber in einer «kreativen Hochphase» in die Tasten greife. Und genau das mögen Aareschwimmerinnen und -schwimmer: 125’000 Mal wurde die Berner App von Aare-Liebhabenden runtergeladen.

Die «Financial Times», die «Süddeutsche» und «The Guardian» haben über den Aare.guru geschrieben. Höchste Zeit, den Mann hinter der App vorzustellen. Das Gespräch findet im Lorrainebad statt, unweit seines Arbeitsateliers, das der selbstständige Gestalter oben im Lorrainequartier hat.
Allenbach studierte an der Hochschule der Künste Bern. «Während andere nach Thailand flogen, habe ich meine Sommertage an der Aare verbracht, weil ich nie Geld hatte», sagt er. Die Aare ist gewissermassen sein Meer.
Junger Wilder
Die App sei aus der Not entstanden, wie er erzählt. «Ich habe ein Thema für meine Bachelorarbeit gebraucht. Wenn ich also an die Aare ging, war ich auf Recherche», sagt der 37-Jährige mit einem verschmitzten Lächeln. Sonst ist er eher ein ernster Mensch, blickt manchmal in den Himmel, überlegt viel. Obwohl es heiss ist, erscheint er in langen Hosen, gelbem T-Shirt und einem blauen Schwimmsack mit dem Aare.guru-Logo drauf.
Was «eher dünn» mit der Anzeige von Temperaturen anfing, ging mit mehreren Ortschaften, Logo, Sprüchen und Wassermenge weiter. Vor sechs Jahren wurde der Aare.guru bei den Swiss App Awards in der Kategorie «Jung & wild» ausgezeichnet. «Wir sagen immer, das ist die App, die am meisten zu tun gab und am wenigsten Geld einbrachte.» Dennoch dürfte sie heute eine dankbare Referenz sein, denn mancher Berner nutzt sie wohl im Sommer gleich häufig wie die Wetter-App.
«Wenn ich an die Aare ging, war ich auf Recherche für meine Bachelorarbeit»
Wer sich so fest mit dem Fluss beschäftigt, badet doch sicher auch ganz gern kalt. Weit gefehlt: Am Tag des Interviews hat die Aare so hohe Abflussmengen, dass ein Bad sowieso keine Option war, weil es zu gefährlich gewesen wäre. Kaspar Allenbach macht aber den Eindruck, als wäre er froh darüber. Er sei ein Weichei und gehe erst bei 16 Grad ins Wasser. Ein allfälliger Beitritt beim Gfrörli-Klub – die hartgesottenen Schwimmer, die sogar im Winter ins Wasser tauchen – ist für ihn also keine Option.
Geld ist als selbstständiger Grafiker noch immer ein Thema – anders als seine Aare fliesst es in überschaubaren Mengen. Allenbach versucht neu mit den Schwimmsäcken oder anderen Fan-Utensilien zusätzlich einen Shop zu betreiben.
Ein weiteres Standbein hat er dank seines Zeichentalents. So stammt das Bild «Aareschwumm», das viele aus Berner Wohngemeinschaften oder aus dem Chat Noir kennen könnten, aus seiner Feder. Dabei springt eine Frau graziös vom Altenbergsteg. Sie scheint zu fliegen, in ihrem Sprung liegt etwas Erhabenes, denn sie weiss, wie es ihr bald gehen wird. Obwohl man ihr Gesicht nicht sieht, spürt man ihr Grinsen. Das Grinsen der Aare-Bader, wenn sie ihre Saison eröffnen und ins kühle Nass springen.
Seine Sujets hat Kaspar Allenbach letzthin erweitert. So sieht man die Altstadt an Feierabend, aber auch das Berner Oberland. «Im Lockdown bin ich gewandert wie wild, so ist nun ein Bergbild dazugekommen», sagt der Kunstschaffende. Dass es dereinst ein weiteres Aare-Sujet geben wird, bezweifelt er stark. «Die Mona Lisa des Aareschwumms kannst du nur einmal gestalten.»
Einen Erfolg können er und seine Kameraden bei der App verkünden. Denn gerade haben sie die i-Watch-Version publiziert. «Wir arbeiteten mit Hochdruck daran», witzelt er. Einer der Programmierer rede seit zwei Jahren davon, nun sei sie fertig. Der Launch sei jede Woche wieder verschoben worden. Ein zweites seiner raren Lachen huscht über seine Backen. Zu gern möchte man seinen Gesichtsausdruck sehen, wenn er in die Aare springt. Bestimmt graziös grinsend.
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