Das erste und vorerst letzte amerikanische Jahrhundert
Der Kongress wird die USA haarscharf an die Zahlungsunfähigkeit bringen. Ob die zerstrittenen Parteien dort Halt machen, ist nicht sicher. Dafür sind die Folgen absehbar.
Zu den unabdingbaren Voraussetzungen einer halbwegs erfolgreichen demokratischen Staatsordnung zählen Kompromissbereitschaft, Pragmatismus sowie eine rationale Zukunftsplanung. Die Vereinigten Staaten, nicht zuletzt dank eines spezifisch amerikanischen Pragmatismus, zählten im Verlauf ihrer Geschichte zu den erfolgreichen Demokratien – trotz aller Widernisse und Probleme.
Momentan aber verfolgt die Welt mit einiger Fassungslosigkeit das Spektakel des Shutdowns sowie eines Etatstreits, der das Land haarscharf an die Zahlungsunfähigkeit bringen wird. Kompromisse sind selten geworden in Washington, an Pragmatismus mangelt es gleichfalls, und die bitter nötige Zukunftsplanung findet nicht statt. Dies sind bedenkliche, ja traurige Tage, die weder dem amerikanischen Ansehen noch dem amerikanischen Gemeinwohl zuträglich sind.
Einigung in letzter Minute?
So tüftelt beispielsweise der Senat über Parteigrenzen hinweg an einem Vorschlag zur Lösung der Krise, indes die republikanische Führung im Repräsentantenhaus trotzig an einem eigenen Plan arbeitet. Wahrscheinlich wird die unerbittlich näher rückende Staatspleite die Akteure im letzten Moment zur Besinnung bringen. Darauf verlassen aber kann sich niemand.
Zumal um die Ecke bereits der nächste und nicht minder gefährliche Showdown zwischen den verfeindeten Parteien sichtbar wird: Schon im Winter geht der Washingtoner Zoff über Etats und Verschuldungsgrenzen von neuem los, ohne dass sich langfristige Lösungen abzeichneten. Ob Konsolidierung der Staatsschulden oder die dringende Reform der Sozialwerke oder einfach ein hilfreicher Rahmen für Budgetverhandlungen: Nichts davon ist bislang absehbar.
Kein weiteres amerikanisches Jahrhundert
Damit scheint nicht nur garantiert, dass auf das amerikanische Jahrhundert kein weiteres amerikanisches Jahrhundert folgen wird. Obendrein wächst die Gefahr, dass wachsende Teile der Bevölkerung dem Staat zusehends entfremdet gegenüberstehen.
Als der alte Benjamin Franklin gegen Ende der Verfassungsberatungen 1787 in Philadelphia von einer Passantin gefragt wurde, was es es denn sein werde, eine Republik oder eine Monarchie, erwiderte Franklin, eine Republik werde es sein, «falls ihr sie bewahren könnt». Derzeit ähnelt Franklins Republik zunehmend einer Bananenrepublik.
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