YB - FCZ 1:1Das Bewerbungsverfahren läuft
Nach dem gewonnenen Meistertitel geht es für die YB-Spieler darum, sich für grössere Aufgaben zu empfehlen. Das gelingt gegen den FC Zürich längst nicht allen.

Dass die Auswechslung überhaupt wie ein Abstrafen wirkt, sagt vieles über die Leistung von Fabian Lustenberger aus. Gegen den FC Zürich muss der YB-Captain zur Pause für Cédric Zesiger weichen, er sah bis dahin nicht gut aus. Und nicht nur, weil er den Penalty zum 1:1 verschuldete.
Aber der Grund für den Wechsel ist ein anderer. So sagt das YB-Trainer Raphael Wicky. Lustenberger habe sich am Sprunggelenk verletzt, der Knöchel sei leicht geschwollen gewesen.
1:1 steht es da, weil der einmal mehr starke Rechtsverteidiger Lewin Blum YB mit einem Direktschuss via Innenpfosten in Führung brachte (21.). 1:1 steht es auch am Ende. Die Young Boys sind zwar hoch überlegen, sie kommen auf 68 Prozent Ballbesitz und zu 17:4 Schüssen, aber sie holen nicht den Sieg. «Die Effizienz hat gefehlt», sagt Wicky und trauert «drei hundertprozentigen» Gelegenheiten nach der Pause nach.
Seine Enttäuschung hält sich in Grenzen, schliesslich sind die finalen Wochen der Meisterschaft nach dem Titelgewinn vor allem ein Testlauf – im Hinblick auf den Cupfinal gegen Lugano Anfang Juni, aber auch in Bezug auf die nächste Saison. Gerade auch für jene Spieler, die bisher keine Hauptrolle innehatten.
Insofern gewähren diese Wochen auch einen Einblick in die Zukunft: Hat etwa Marvin Keller das Potenzial, Druck auf die restlichen YB-Goalies auszuüben? Wie sieht die Abwehr ohne ihren Chef Zesiger aus, der nach Wolfsburg wechselt? Wer drängt sich im Mittelfeld für mehr Spielzeit auf? Und so weiter und so fort.

Das 1:1 am Sonntag im Wankdorf gibt zumindest Ansätze von Antworten. Keller, im Winter vom FC Wil gekommen, absolviert eine unaufgeregte Premiere im YB-Trikot, auch wenn er von den defensiv agierenden Zürchern kaum gefordert wird. Der 20-Jährige kann sich immerhin in der ersten Halbzeit bei den Chancen von Antonio Marchesano und Becir Omeragic auszeichnen, beim Penaltygoal von Bledian Krasniqi hechtet er zwar auf die richtige Seite, ist aber chancenlos. Wicky attestiert dem Goalie eine gute Leistung, ein Debüt vor ausverkauften Rängen sei nicht ohne. «Ich habe Marvin schon vor dem Spiel als sehr ruhig wahrgenommen. Und so wirkte er auch während der Partie.»
Lustenbergers erneutes Malheur
Lustenberger wird das Spiel – anders als Keller – hingegen rasch vergessen wollen, nicht nur, weil er sich dabei leicht verletzte. Mit 180 Zentimeter hatte er als Innenverteidiger nie Gardemasse, die hat der 19-jährige Aurèle Amenda, sein Partner in der Abwehr. Aber körperliche Defizite vermochte Lustenberger meist wettzumachen, indem er die Gefahr schneller als andere antizipierte und oft schon unterwegs an den richtigen Ort war, bevor der Gegner überhaupt auf die Idee kam, den Ball dorthin zu spielen.
Gegen den FCZ wirkt Lustenberger langsam – im Kopf wie auch auf den Beinen. Früh lässt er sich von Marchesano vor dessen Chance wegdrängen, dabei misst dieser nur 168 Zentimeter. Den Penalty verschuldet der Innenverteidiger gegen Fabian Rohner, weil er im Zweikampf zu spät kommt. Ein ähnliches Malheur unterlief ihm schon vor drei Wochen bei GC, auch da war die Konsequenz: Penalty für den Gegner.
Dass der 35-Jährige in der Hierarchie der Abwehrkräfte nicht mehr zuoberst steht, weiss er selbst. Und für alle, die es nicht wissen, machten es die Young Boys bei der kürzlich vollzogenen Vertragsverlängerung um ein Jahr klar. In der Medienmitteilung liess sich Sportchef Steve von Bergen zitieren, dass Lustenberger auch in der kommenden Saison ein wichtiger Spieler sein werde. «Auch wenn sich abzeichnet, dass seine Einsatzminuten nicht steigen werden.»
Rrudhani und der gewichtige Haken
Mehr Spielzeit erhofft sich dagegen Donat Rrudhani. Wie schon in der Vorwoche in St. Gallen steht er in der Startaufstellung. Der 24-Jährige agiert auf halbrechter Position in der Mittelfeldraute ansprechend, seine Darbietung hat allerdings einen gewichtigen Haken.
Kurz nach Wiederanpfiff setzt sich Blum auf rechts durch und legt beispielhaft zurück, Rrudhani verfehlt aus kurzer Distanz. Nur sechs Minuten später bringt erneut Blum den Ball zur Mitte, diesmal kommt Rrudhani noch näher am Tor zum Abschluss – und scheitert erneut. Natürlich, FCZ-Goalie Yanick Brecher reagiert blitzschnell, Rrudhanis Schuss gerät allerdings zu unplatziert.
So muss er – anders als Blum – weiter auf sein erstes Tor in der Super League warten. Will er künftig eine grössere Rolle einnehmen, wird er die Effizienz verbessern müssen. Das Bewerbungsverfahren läuft.
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