Das Aus für Barclays Velodeal
Eine Revolution auf zwei Rädern: Seit 2010 rollen Boris Bikes auf Londons Strassen – nun hat die Bank den Vertrag nicht verlängert. Über die Hintergründe wird heftig spekuliert – sind die vielen Unfälle schuld?
Berühmt wie die roten Doppeldeckerbusse sollten sie werden, die hellblauen Velos – zu Ehren ihres Erfinders Boris Bikes genannt –, die seit 2010 über die Strassen Londons rollen. Gleichzeitig sollte das Projekt der drittgrössten britischen Bank Barclays – Hauptinvestor im Veloverleih – zu neuem Glanz verhelfen. Drei Jahre später scheint die Liaison zwischen Barclays und der Organisation Transport for London (TFL) schon wieder vorbei zu sein.
Wie der «Guardian» berichtet, lässt die Bank den Vertrag 2015 auslaufen – und das, obwohl erst 2011 eine Zusammenarbeit bis 2018 verkündet worden war. Nun wird darüber spekuliert, welche Wirkung die häufigen Meldungen über Velounfälle in London auf die Entscheidung der Bank hatten. Erst im August war eine 20-jährige Französin ums Leben gekommen, nachdem sie auf einem Barclays-Velo von einem LKW erfasst worden war. Allgemein gilt Velofahren in London als relativ gefährlich – allein im November starben innerhalb von zwei Wochen sechs Menschen.
In einer Erklärung erläuterten Barclays und die TFL ihre gemeinsame Entscheidung, «den Vertrag nach 2015 nicht auszuweiten» – was für Londons Bürgermeister Boris Johnson, den Ziehvater des Projekts, die komplizierte Suche nach neuen Sponsoren bedeutet.
Steigende Kosten, sinkende Zahlen
Mit Pauken und Trompeten und begleitet von einer teuren Imagekampagne war das Verleihsystem der inzwischen insgesamt über 8000 Velos an 550 Dockstationen im Sommer 2010 eingeführt worden. Damit hellblaue Barclays-Logos die Velos zieren durften, war die Bank zu einer Investition von insgesamt 50 Millionen Pfund bereit – von denen bisher aber erst die Hälfte bezahlt wurde. Dass es einen Zusammenhang zwischen Vertragsende und den vielen Unfällen gibt, will man bei Barclays nicht bestätigen, wie es in britischen Medien heisst.
Man beruft sich darauf, die Sponsoringverträge der Bank im Allgemeinen analysiert zu haben – die Boris Bikes würden sich schlicht nicht mehr lohnen. Fakt ist: Bei steigenden Kosten gingen die Nutzungszahlen immer weiter zurück. Während im November 2012 noch 726'893 Velos ausgeliehen wurden, sank die Zahl ein Jahr später auf 514'146, wie Untersuchungen der TFL belegen. Die demokratische Abgeordnete Caroline Pidgeon formulierte es so: «Barclays hat enorm profitiert, als ihr Logo die Velos zierte. Nun läuft es wohl nicht mehr so gut – und sie macht sich aus dem Staub.»
Viele neue Ideen
Wie der «Guardian» schreibt, birgt der Fall aber auch weiteren Zündstoff: Nicht klar ist, wie die Bank den Vertrag überhaupt bekam – die persönliche Nähe zwischen Bürgermeister Johnson und Ex-Barclays-Chef Bob Diamond dürfte aber förderlich gewesen sein, wie es in den britischen Medien heisst. Auch fragen sich einige, warum der Vertrag 2011 von Seiten der TFL verlängert und nicht auf dem Markt nach einem geeigneten Sponsor umgeschaut wurde. Es müsse geklärt werden, wie ein solch einseitiger Vertrag überhaupt geschlossen werden konnte, so die Abgeordnete Pidgeon.
Bei der TFL klingt die Sache dann aber ganz anders: Graeme Craig, bei der Transportgesellschaft zuständig für kommerzielle Entwicklung, sagte der «Financial Times», das gesamte Portfolio des Projekts werde überarbeitet. «Wir haben einige neue Projekte – mehr Velowege im Herzen der Stadt, Velotraining für Fahranfänger und vieles mehr, was das Fahren sicherer macht», so Craig. Künftig soll es auch eine Karte geben, mit der nicht nur beim Verleih, sondern auch im gesamten Transportnetz der Stadt bezahlt werden kann.
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