Dank Reisegeld in die Neue Welt
Nicht selten erhielten Auswanderungswillige von ihrer Heimatgemeinde finanzielle Unterstützung – so auch in Härkingen.
Mitte des 19. Jahrhunderts lebten in Amerika über 800 Solothurner, später wanderten erneut gegen 900 aus. Die Auswanderer waren meist Leute, die nur mit Unterstützung der Heimatgemeinde reisen konnten. Sie fuhren über Paris nach Le Havre oder rheinabwärts nach Antwerpen. Für die Erwachsenen kostete eine Überfahrt nach Amerika etwa 200 Franken, für Kinder etwa 130 Franken. In einem Bericht nannte die Solothurner Regierung zu dieser Zeit drei Gründe für das «Amerikafieber»: Die drückende Armut, die Hungerjahre 1847, 1851 und 1852, die zu einer grossen Teuerung der Lebensmittel führten, und die verlockende Anpreisung Amerikas durch gewissenlose Auswanderungsagenten. Nur selten Beiträge Genau ist nicht mehr zu ermitteln, wie viele Härkinger auswanderten – es dürften gegen 30 Personen gewesen sein. Die Gemeinde bewilligte als Unterstützung insgesamt etwa 2200 Franken, was weit weniger war, als die Nachbargemeinden zahlten: Hägendorf stellte zum Beispiel 23600 Franken zur Verfügung, Kappel 15000 Franken und Kestenholz 12400 Franken. In einem Protokoll von 1871 ist zu lesen, dass die weggezogenen Härkinger «aller Wahrscheinlichkeit nach nicht mehr zurückkehren werden». Um die Kosten decken zu können, mussten die Gemeinden oft Darlehen aufnehmen oder Holz aus ihren Waldungen verkaufen. Einige Auswanderer reisten aber auch ohne Gemeindebeiträge ab. In alten Protokollen kann man von Härkingern lesen, die die Gemeinde seinerzeit um einen finanziellen Beitrag baten: 1745 stellte Jakob Egg ein entsprechendes Gesuch, erhielt aber kein Geld. Er wollte mit seiner Frau und den sechs Kindern nach Pennsylvania ausreisen. 1767 planten der Schuhmacher Urs Studer und der Schneider Johann Kueni mit Frau und Kindern die Heimat zu verlassen. Da sie aber kein Geld erhielten, floh Urs Studer im März 1768 nachts durch ein Fenster seiner Wohnung, seine Familie und seine Schulden liess er dabei zurück. Drei Jahre später kehrte er reumütig zurück. «Trotz grob verschossener Fehler» wurde er wieder in Gnaden als Untertan aufgenommen, heisst es. Dem Schneider Josef Frei wurde 1866 ein Beitrag von 100 Franken zugesprochen. Sollte er aber innert drei Jahren wieder zurückkehren, müsste er das Geld zurückzahlen, bevor er erneut auf den Bürgernutzen Anspruch erheben könnte. Kein Geld für «Krüppel» Die offenbar behinderten Geschwister Urs und Ida Moll erhielten 1873 für ihre Reise nach Amerika von der Gemeinde kein Geld; es sei vorauszusehen, dass dort «krüppelhafte Leute» nicht angenommen würden. Zudem hätte man nie 500 Franken pro Person bezahlt, die Gemeindekasse hätte sowieso nicht so viel Geld. Keinen Beitrag erhielt ein Jahr später auch Georg Oegerli. Mehr Glück hatte 1875 Elise Elsenberger: Ihr wurden 100 Franken zugesprochen – aber erst, «wenn dieselbe in New Jork ausgeschifft» sei. Anton RisQuellen: Pfluger, Dorfbuch Härkingen, 1980; Häfliger, Auswanderung nach Amerika, 1909. >
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