Da-Nos mit Lamborghini
Kloten – Hauptdarsteller des Abends ist der Pole. Genauer gesagt zwei Stück davon. Und nein, es geht nicht um ehemalige Ostblockbewohner, auch wenn Freizügigkeit durchaus eine Rolle spielte. Pole-Dance ist das, was man als lasziven Tanz an der Stange aus Etablissements kennt. Pole-Fitness dagegen hat mit Schmuddel nichts zu tun, wie Daniela Baumann in den letzten Jahren auf allen Kanälen unermüdlich erklärte. Als «Fitness-Queen mit dem treffsicheren Riecher für die Sporttrends der Zukunft» wird sie von Ex-Mister-Schweiz Tim Wielandt angesagt. Dass es die Poles in die Schweiz geschafft haben, ist der Ex-Frau von DJ Bobo zu verdanken. Ihr treffsicherer Riecher scheint sich in ein goldenes Näschen zu verwandeln. Sechs ihrer Loft-Fitness-Studios hat sie in den letzten gut drei Jahren eröffnet. Die Frauen rennen ihr für das Training an der Stange die Bude ein. Irgendwie hat Baumanns Pole-Fitness auch etwas Feministisches. Ihre Kurse sind strikte Frauen vorbehalten. «Bei Männern sieht es einfach nicht ästhetisch aus», sagt sie. Da-Nos mit Lamborghini Ebenfalls Daniela Baumann zu verdanken ist der Umstand, dass die 13 weltbesten Pole-Dance-Athletinnen am Samstagabend zum finalen Wettkampf um den Weltmeisterinnen-Titel aus fast aller Herren Länder eingeflogen werden. In ein Hotel am Flughafen, dessen Name an ein kleines, scharfes, rundes, rotes Gemüse erinnert. Zum VIP-Apéro werden Häppchen und Prosecco gereicht. Und dies stilecht zwischen den Trainingsgeräten des Fitnessstudios, das im Keller des besagten Hotels einquartiert ist. Wirklich «very important» ist dann bloss eine Person, nämlich der Plattenleger (DJ) des Proletariats, Mr. Da-Nos. Der fährt dafür standesgemäss im weissen Lamborghini vor, den man während des ganzen Abends vor dem Entree bestaunen kann. Zu einem glamourösen Anlass gehört eine standesgemässe Moderation. Dafür zuständig ist Jeannette Macchi, ehemalige Meier, ehemalige Sängerin der Band E-Rotic, ehemalige Moderatorin einer erotischen TV-Sendung, die heute auf SF 2 das «Fenster zum Sonntag» präsentiert und ein Aushängeschild der Freikirche ICF ist. Ex-Mister Wielandt übersetzt fürs internationale Publikum ins Englische, zumindest ansatzweise. Eiserne Schenkel Der Konferenzsaal ist voll bis auf den letzten Platz und seit Wochen ausverkauft. «Pole-Fitness braucht extrem viel Kraft, Ausdauer und Übung», beginnt Macchi-Meier ihre Ansage. Und das stellen die 13 Finalistinnen im Folgenden unter Beweis. Wer sich Aufreizendes erhofft hat, dem wird angst und bange ob der Kraft, mit der hier Oberschenkel den Pole umklammern. Die Damen beherrschen den Spagat auch kopfüber und halten sich mit den Füssen genauso gut am Pole fest wie mit den Händen. Wenn sie, die Stange in der Kniekehle, scheinbar schwerelos Pirouetten drehen, wackelt die ganze Scheinwerfer-Aufhängung über der Bühne bedrohlich. Eine nach der anderen zeigen sie ihre Kür, im selbst gewählten Kostüm und zu selbst gewählter Musik. Die Jury, bestehend aus Daniela Baumann und weiteren hochkarätigen Pole-Fitness-Expertinnen aus der ganzen Welt, bewertet nach drei Kategorien: Präsentation, Fitness und Kombination der verschiedenen Figuren. Kandidatin Nummer vier, Miss Butterfly aus den USA, performt gleich in High Heels. Nummer sieben, Miss Vatsmitzel aus England, betritt die Bühne als Martini verkleidet mit einer Orangenscheibe als Hut. Dazu läuft der Song «Buy Me a Martini». Die Kandidatin aus Argentinien, Maria Escalante, gibt an der Stange einen Tango zum Besten. Ihre Darbietung ist so anmutig wie die Musik: Ballett in der Vertikalen. Fast zu jeder der rund fünfminütigen Shows gehört ein kontrollierter Absturz entlang des Pole, was den Zuschauern regelmässig Aufschreie entlockt. Kein Halten mehr gibt es im Publikum, als Tim Wielandt die australische Titelverteidigerin Felix Cane ansagt. Der Star unter den Pole-Tänzerinnen bringt den Saal mit ihren verrückten Figuren und rasanten Kombinationen zum Kochen. Nach 13 Performances steigt die Spannung im Saal. Nun gilt es, die Weltmeisterin zu küren. «Es wird wohl Felix gewinnen», sagt eine junge Frau, während sich die Jury zur Beratung zurückgezogen hat. Und so soll es auch tatsächlich sein: Die neue «Miss World Pole Sport and Fitness» ist die alte. Nach der Show ist Mr. Da-Nos' Lamborghini weg. Ein Hotelangestellter kehrt die Zigarettenstummel zusammen. Die Afterparty im Alpen-Rock-House wartet. Fazit des Abends: Pole-Fitness gewinnt den ersten Platz in der Kategorie «Unterschätzte Sportarten». Daniela Baumann dürfte ein paar neue Schülerinnen gewonnen haben. Und Tim Wielandt sollte eher nicht für englische Moderationen gebucht werden.
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