Cuno Amiets pralles Leben
Die Galerie Bromer Kunst in Roggwil feiert mit einer umfangreichen Retrospektive den 150. Geburtstag des Berner Malers Cuno Amiet (1868–1961).
Frauen in luftigen weissen Kleidern, Mädchen mit Maschen im Haar, blühende Apfelbäume und mittendrin der adrett gekleidete Gutsherr Cuno Amiet. Im idyllischen Hügelland der Oschwand in der Berner Gemeinde Seeberg schuf sich der Maler offensichtlich sein Paradies. Kunst und Leben wurden eins. Davor studierte der 1868 in Solothurn geborene Sohn eines Staatsarchivars an der Akademie in München Malerei, reiste ins bretonische Fischerdorf Pont-Aven, wo Paul Gaugin Künstler um sich scharte, und schloss sich der Künstlergruppe «Brücke» an.
Die Stilrichtungen seiner Zeit, insbesondere der Spätimpressionismus und der Symbolismus, prägen Amiets Malerei. An Ferdinand Hodler, dem um fünfzehn Jahre älteren Schweizer Nationalmaler, arbeitete er sich regelrecht ab, ohne dessen Epigone zu werden.
An Hodler erinnert etwa die Komposition von Amiets Selbstbildnis von 1907. Frontal blickt der Künstler den Betrachter voller Ernsthaftigkeit an, als möchte er einen ins Bild hineinziehen. Doch punkto Farbe geht Amiet eigene Wege. Während das Gesicht in realistischer Manier festgehalten wurde, löst sich der Hintergrund auf, der plastisch sichtbare Pinselstrich lässt eher an Van Gogh als an Hodler denken. Regelrechte Kratzspuren hat Amiet im Bart hinterlassen, was dessen Textur die nötige Lebendigkeit verleiht.
Umfangreiche Retrospektive
Das Porträt ist eines von vielen Selbstbildnissen, die zurzeit in der Galerie Bromer Kunst in Roggwil zu sehen sind. Die 2011 von Immobilienhändler René Brogli gegründete Kunstgalerie feiert den Berner Maler zum heutigen 150. Geburtstag mit einer umfangreichen Retrospektive. Rund 60 Werke befinden sich in der hauseigenen Sammlung. Direktor und Kurator Wolfgang Zäh hat diese Exponate mit Leihgaben aus Privatsammlungen ergänzt und arbeitete eng mit der Fondation Cuno Amiet und dem Schweizerischen Institut für Kunstwissenschaft zusammen.
Mehr als 220 Werke – mehrheitlich Gemälde, aber auch Grafiken und einige Bronzen – lassen den Besucher in Amiets Welt eintauchen. Es ist eine Welt voller Farben, Licht und Lebenslust. Für Amiet war Malerei «ein herrliches Handwerk», das glücklich macht und Glück verbreitet. Die Leichtigkeit des Seins verkörpern etwa die schwebenden Mädchen im grossformatigen Gemälde «Die Tanzenden» (1911). Amiet hatte zwei seiner Malschülerinnen in Pluderhosen und mit lustigen Hüten festgehalten.
Blühende Apfelbäume
Nach einer chronologischen Einführung in Amiets Leben mit schwarzweissen Fotografien durchläuft man in der Ausstellung verschiedene Themenräume, in denen Landschaften, Stillleben oder Gärten in den Fokus gerückt werden. Dabei entdeckt man auch weniger bekannte, selten gesehene Werke wie etwa «Japanerin im Garten» von 1933. Oder «Der Baum» von 1906, ein Gemälde, bei dem Amiet die Farbe so dick auftrug, dass sich das Geäst plastisch vom Hintergrund abhebt.
Um die privaten Leihgeber an der Vernissage gebührend zu empfangen, liess Wolfgang Zäh im Hauptsaal sogar echte Apfelbäume anpflanzen, die nun neben Amiets berühmten Apfelerntebildern blühen. Das Thema der Obsternte war für Amiet ein Sinnbild des Paradieses und der Fruchtbarkeit. Mit «Frau unter Apfelbaum» (1901) malte er eine Schwangere in gelbem Kleid, die unter einem Apfelbaum steht, der so reich an roten Äpfeln ist, dass es einem biologischen Wunder gleicht.
Amiet habe dieses Bild kurz nach einem tragischen Ereignis gemalt, führt Wolfgang Zäh bei einem Rundgang aus: Kurz zuvor hatte Amiets Frau, die Wirtstochter Anna Luder, eine Fehlgeburt erlitten. Das Paar blieb kinderlos, zog aber gemeinsam Pflegekinder gross – unter anderem Bruno Hesse, den ersten Sohn des Dichters Hermann Hesse, mit dem Amiet eine Freundschaft verband.
Geliebte Mandoline
Ein ganzer Raum ist Musizierenden und Instrumenten gewidmet. Amiets heiss geliebte Mandoline, die er in einem Stillleben festhielt, ist als Erinnerungsstück in die Schau integriert. Auch Briefe, eine Berner Tracht, die Amiet als Vorlage für das Porträt seiner «Bernerin» diente, und sein durchgesessener Stuhl, auf dem er oft im Freien malte, machen das pralle Leben des Malers – er wurde 93 Jahre alt – greifbar.
Vernissage: heute Mittwoch, 28.3., ab 18 Uhr, Bromer Kunst, Roggwil. Ausstellung:bis zum 1. Juli. Infos unter www.bromer-kunst.ch.
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