Computer lernt, Entscheidungen zu treffen
Der gesunde Menschenverstand ist eine unserer grossen Stärken. Nun versuchen Wissenschaftler, diese Eigenschaft dem Computer beizubringen.

Computer können viel. Doch abschätzen, ob etwas sinnvoll ist, das ist immer noch dem Menschen überlassen. Nun versuchen amerikanische Wissenschaftler an der Carnegie Mellon University in Pittsburgh, die Rechenmaschine menschlicher zu machen. Sie lassen ein massives Computersystem Millionen Bilder durchforsten und die Maschine dann selbst entscheiden, was diese für eine Bedeutung haben.
Das System heisst NEIL. Das Kürzel steht für "Never Ending Image Learning." Mitte Juli begann NEIL damit, rund um die Uhr das Internet nach Abbildungen abzusuchen und in kleinen Schritten, selbst zu entscheiden, was diese miteinander zu tun haben. Das Ziel ist die Entwicklung künstlicher Intelligenz, der Fähigkeit, Dinge zu lernen, ohne dass sie speziell gelehrt worden sind. Eben das, was wir gesunden Menschenverstand nennen. "Jedes intelligente Wesen benötigt gesunden Menschenverstand, um Entscheidungen zu treffen", sagt Abhinav Gupta vom Robotics Institute der Universität.
Finanziert wird das Projekt von Google und der Pentagon-Behörde für Marine-Forschung. NEIL analysiert und identifiziert die Formen und Farben in Bildern, aber entdeckt nach und nach auch eigenständig Verbindungen zwischen Objekten. Zum Beispiel hat das System von selbst begriffen, dass Zebras zumeist in Savannen vorkommen und Tiger ihnen äusserlich etwas ähnlich sind. In gerade mal gut vier Monaten hat das Netzwerk von 200 Rechnern 1400 Objekte sowie Szenen identifiziert und eigenständig 2500 Zusammenhänge entdeckt.
Viele der vom Computer gefundenen Verbindungen sind falsch. Zum Beispiel ist ein Nashorn eine Art Antilope. Einige Verbindungen sind merkwürdig. Beispielsweise kann für den Computer ein Nachrichtenmoderator ähnlich wie Barack Obama aussehen.
Aber wie Gupta erläutert, ist es auch eine gänzlich andere Herausforderung, einen Computer eigene «gedankliche» Verbindungen herstellen zu lassen als einen Supercomputer so zu programmieren, dass er eine spezielle Sache sehr gut macht oder auch schnell. Zum Beispiel Schachspielen. 1985 gelang es Forschern an der Universität, einen Computer entsprechend zu programmieren, und zwölf Jahre später musste sich Weltmeister Garry Kasparow einem solchen elektronischen Schachgenie geschlagen geben.
Menschen fällten stets Entscheidungen auf der Basis einer «Riesenmenge unausgesprochener Annahmen», Computer nicht, sagt Catherine Havasi, Expertin für künstliche Intelligenz am Institute of Technology in Massachusetts. Menschen könnten auch auf einige Fragen schnell antworten, die einem Computer länger zu schaffen machten. «Könnte eine Giraffe in dein Auto passen?» fragt Havasi. «Wir hätten eine Antwort, ohne darüber nachgedacht zu haben». Das heisst, ohne Zeit dafür aufgewendet zu haben, die Körpermasse einer Giraffe einzuschätzen.
Abhinav Gupta ist zufrieden mit den bisherigen Ergebnissen. «Als wir mit dem Projekt anfingen, waren wir nicht sicher, ob es funktionieren würde», sagt der Professor. «Das ist erst der Anfang.» So soll NEIL etwa in Zukunft YouTube-Videos analysieren, um Verbindungen zwischen den Objekten zu suchen.
Weder Google noch die Behörde für Marine-Forschung haben auf Anfragen geantwortet, warum sie das Projekt finanzieren. Aber es gibt einige Hinweise. So wird etwa auf der Webseite des Pentagon festgestellt, «dass das Umfeld von heute viel komplexer ist als in der Vergangenheit, und das die Menge der Daten, die beim Entscheidungsträger eintreffen, wächst, während die Zahl der Menschen, die für die Umsetzung der Daten zur Verfügung steht, abnimmt.» Mit anderen Worten, Computer könnten bei künftigen Militäreinsätzen einige der Entscheidungen fällen. Zumal, wie es jedenfalls auf der Webseite heisst, «in vielen Operationsszenarien menschliche Präsenz keine Option ist».
SDA/lae
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