
Fünfzig Jahre ist es her, als Pink Floyd sangen: «Geld / Es ist ein Knüller / Neues Auto, Kaviar, vier Sterne, Tagtraum / Ich denke, ich kaufe mir ein Fussballteam.» Todd Boehly ist im Jahr geboren, in dem Roger Waters dieses grandiose «Money» schrieb. Er ist ein Hedgefonds-Manager, reich geworden in einem Geschäft, in dem es Insiderwissen braucht. Und er ist das Gesicht der fünfköpfigen Gruppe, die sich im vergangenen Mai das Vergnügen leistete, einen Fussballclub zu kaufen. 4,74 Milliarden Franken legte sie auf den Tisch, um bei Chelsea das Erbe von Roman Abramowitsch anzutreten.
Abramowitsch war der Oligarch, der mit seinen Milliarden den Fussball nachhaltig verändert und geprägt hat. Im Vergleich zu Boehly kommt er nun allerdings daher wie ein armer Schlucker. Boehly wirft mit Geld um sich, als wäre es nichts wert. Der «Guardian» hat es schön beschrieben: «Er läuft mit einem Sack Geld durch die haifischverseuchten Casinosäle des Fussballs und fragt, wie man Blackjack spielt. Das ist nicht rational.»
In zwei Transferperioden hat Boehly im Namen seiner Kollegen 600 Millionen Franken für neues Personal auf den Markt geworfen, 280 bis September, im Januar gar 320, was mehr ist, als in Spanien, Deutschland, Italien und Frankreich zusammen ausgegeben wurde. Im besten Fall ist das ein zweifelhaftes Verständnis von Philanthropie, dem sich der Berner Unternehmer und Boehly-Partner Hansjörg Wyss verschrieben hat. Im schlechtesten Fall ist es einfach nur gewissenlos.

Im Sommer hiess es: 80 Millionen für Wesley Fofana? Kein Problem. 65 für Marc Cucurella? Marc wer? Aber auch kein Problem. 9 Millionen für einen 18-jährigen Goalie aus Chicago? Machen wir. So ging das immer weiter. Am liebsten hätte Boehly auch noch Cristiano Ronaldo gehabt, quasi als Sammlerstück. Thomas Tuchel konnte das verhindern. Wenige Wochen später war der Trainer, der im Vorjahr noch die Champions League für Chelsea gewonnen hatte, nicht mehr im Amt.
Wer findet schon einen Dummen, der die Mondpreise der Ahnungslosen von der Stamford Bridge zahlt?
Anstelle eines Welttrainers kam einer ohne Leistungsausweis, Graham Potter aus Brighton. Wenigstens erhielt er einen Fünfjahresvertrag. Dass die Resultate nicht stimmten, wurde ihm nachgesehen. Dafür legte Boehly im Winter nach. Weitere acht Spieler wurden geholt – zum Teil mit Verträgen wie für Mychajlo Mudryk. Der Ukrainer, 22 und mit einem Palmares noch schmaler als jenes von Potter, durfte für achteinhalb Jahre unterschreiben. Bis 2031 kassiert er Woche für Woche 110’000 Franken.

Mudryks alter Club Schachtor Donezk wird mit maximal 110 Millionen abgefunden. Noch etwas teurer ist Enzo Fernandez. Nach einem halben Jahr bei Benfica Lissabon und dem Gewinn der WM kostet der Argentinier 120 Millionen. Er ist gleich alt wie Mudryk und soll für die Philosophie des neuen Chelsea stehen, junge Talente zu kaufen und darauf zu hoffen, dass sie wertvoller werden. Chelsea ist nicht der erste Club, der das versucht. Chelsea hat das selbst schon getan und ist damit krachend gescheitert. Vor allem gibt es dabei ein Problem: Wer findet schon einen Dummen, der die Mondpreise der Ahnungslosen von der Stamford Bridge zahlt?
Am Freitagabend gibt Fernandez sein Debüt. Mudryk spielt auch. Gegen den kleinen Nachbarn Fulham reicht es den Blues gerade einmal zu einem 0:0. Sie dümpeln danach weiter auf Platz 9.
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Trotz 600 Millionen bleibt der Erfolg aus – Chelsea zwischen ahnungs- und gewissenlos
Für Club-Besitzer Todd Boehly ist keine Transfersumme zu hoch. Und doch befindet sich das englische Premier-League-Team nur auf Platz 9.