Cervelat stürzt Landjäger
«Sit so guet, s.v.p.» ist eine Satire auf die grösste Partei der Schweiz. An einem Buurezmorge erzählten die Macher, wie das Parteiprogramm der SVP zur Ausgangslage des Stückes wurde. Am Donnerstag findet die Premiere in der Dampfzentrale statt.

Matto Kämpf trägt Bart und braune Manchesterhosen. Er sieht ein wenig aus wie ein Sekundarlehrer aus den Siebzigerjahren. «Zähni isch gsi», sagt er in gedehntem Berndeutsch, darauf hinweisend, dass die Pressekonferenz aus seiner Sicht allmählich beginnen könnte.
Spricht da Kämpfs biedere TV-Kunstfigur Herr Schneuwly aus dem Autor und Theatermacher? Oder liegt der behäbige Eindruck bloss am Buurezmorge, zu dem die Theaterschaffenden die Presse geladen haben? Auf langen Holztischen stehen Feld- und Wiesenblumen, zum Essen gibt es Züpfe, Wurst und Käse.
Gegen den Rechtspopulismus
Die Crew, bestehend aus Matto Kämpf und Raphael Urweider (Autoren), Dennis Schwabenland (Regie) und Simon Hari (Musik), präsentiert nach Produktionen wie «Erika in Afrika» (2014) ihren neusten Streich: ein Musical, das die SVP ebenso wie das volksnahe Genre selbst auf die Schippe nimmt.
Damit will die Truppe dem europaweit grassierenden Rechtspopulismus etwas entgegensetzen. Die Koproduktion mit dem Schlachthaus-Theater und dem Kleintheater Luzern wird am Donnerstag in der Dampfzentrale aufgeführt. Für Diskurs haben die Macher von «Sit so guet, s.v.p. – Das Musical» bereits im Vorfeld gesorgt.
Plakate in der Optik der SVP-Propaganda warben mit der afrikanischen Cecilia de Buurenworst oder der asiatischen Maithai Landjäger-Satay für Dinge wie «Mehr für uns – weniger für die anderen!». Nicht alle erkannten die Plakate als Fakes mit fiktiven Figuren aus dem Musical. Erst in einer zweiten Serie wurden die Plakate als Werbung für das Musical entlarvt.
Die Handlung spielt in der nahen Zukunft, im Jahr 2019. Die SVP hat erstmals 49,94 Prozent Wähleranteil, möchte aber auf 100 erhöhen. Ein Helvetistikprofessor aus Alexandria (Wael Sami Elkholy) und eine Musicalbegeisterte aus Johannesburg (Ntando Cele) werden, nachdem sie in ein Buurezmorge geplatzt sind, von der Partei vereinnahmt.
Sie sollen die unausschaffbaren Ausländer für die Partei begeistern. Die übermotivierten Ausländer lassen sich nicht lange bitten. Und die Linken? Sie haben sich im Jura verschanzt und nehmen Drogen. Ein Selbstporträt? «Vielleicht schon ein wenig. Die Linken müssen jedenfalls auch ein bisschen lächerlich gemacht werden», findet Kämpf.
Utopie oder Dystopie
«Das Stück kann als Utopie oder Dystopie der nahen Zukunft verstanden werden», erklärt Kämpf und fügt trocken an: «Je nachdem, wo man politisch steht.» Ausgangspunkt für das Musical war das Parteiprogramm der SVP. «In Deutschland wäre die Hälfte dieses Parteiprogramms verboten», sagt Dennis Schwabenland, ein Deutscher, der seit 14 Jahren in der Schweiz lebt.
Er habe sich durch den Text quälen müssen, enthalte er doch sehr viele Wiederholungen. Fürs Theater aber sei er interessant. Die formulierten Vorstellungen würden sich hervorragend für eine Parodie ereignen.
Dass dies tatsächlich lustig ist, beweist die Truppe bei einem kleinen Einblick in die Proben. Der aufstrebende Politiker Roger de Cervelat (Diego Valsecchi) singt pathetisch über seine Sinnkrise, nachdem ihn der Polterer Fritz Landjäger (Dominik Gysin) vor die Tür gesetzt hat. Gemeinsam mit den beiden Ausländern schmiedet Cervelat schliesslich den Plan für eine Opposition.
Die Musik karikiert mit Pomp das Genre Musical. Simon Hari, bekannt als «King Pepe», hat ein Miniorchester zusammengestellt. Und wie es sich für das Genre gehört, steht am Schluss ein lautstarkes Happy End. Ohne Fondue, dafür mit einer Art Bollywood-Hochzeit.
Premiere: Donnerstag, 22. Juni, 20.30 Uhr, im Turbinensaal der Dampfzentrale, Bern. Vorverkauf: www.schlachthaus.ch.
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