Cameron droht den Randalierern mit der Armee
Nach den schweren Krawallen in England durchsucht die Polizei Häuser nach Verdächtigen. Premier David Cameron verschärft den Ton und will hart durchgreifen. «Es sind alle Optionen auf dem Tisch», sagt er.
Mehr als hundert Menschen würden noch per Haftbefehl gesucht, sagte der ranghohe Beamte der Metropolitan Police, Steve Kavanagh. «Wir haben in den frühen Morgenstunden damit begonnen, an Türen zu klopfen, um Menschen festzunehmen», sagte Kavanagh. Es handle sich um mutmassliche «Einbrecher, Räuber und Diebe». Seit Beginn der Proteste wurden landesweit mehr als 1100 Randalierer festgenommen. Allein in London waren es nach Angaben von Scotland Yard 888, von denen bislang 371 angeklagt wurden.
Nach vier Krawall-Nächten in Folge war es in Grossbritannien in der Nacht auf heute weitgehend ruhig geblieben. Der Polizei gelang es mit einem Grossaufgebot von 16'000 Beamten allein in London offenbar, neue Ausschreitungen zu verhindern. Am Mittag soll in London das Parlament zu einer Sondersitzung zusammenkommen, um über die gewaltsamen Ausschreitungen zu beraten.
Weiteres Fussballspiel abgesagt
Versicherungen und Experten schätzen nach den Krawallen die Schadenssumme auf deutlich mehr als 150 Millionen Pfund (180 Millionen Franken). Wie das britische Institut für den Einzelhandel mitteilte, verzeichneten die Händler, die wegen der Krawalle ihre Geschäfte schliessen mussten, Verluste in Höhe von 80 Millionen Pfund. Für Säuberungen und Reparaturen zerstörter Läden müssen sie demnach mehr als 40 Millionen Pfund ausgeben.
Premierminister Cameron kündigte einen staatlichen Fonds für die betroffenen Gemeinden und Stadtteile an, aus dem Aufräum- und Reparaturarbeiten bezahlt werden sollen. Zumindest ein Teil dieser Schäden wird allerdings von Versicherungen übernommen. Der britische Versicherungsverband rechnet mit einem Versicherungsschaden von deutlich mehr als 100 Millionen Pfund.
Cameron will hart durchgreifen
Der britische Premierminister hat bei einer Sondersitzung des Parlaments die Gewalt auf den Strassen des Landes scharf verurteilt. Um neue Krawalle zu verhindern, bleiben laut Cameron auch in den nächsten Tagen rund 16'000 Polizisten in London im Einsatz. «Es gibt dafür absolut keine Entschuldigung», sagte der Premier zu den Krawallen. Es gehe den Randalierern nicht um Protest oder politische Aussagen. «Es geht ihnen um Diebstahl», sagte Cameron.
Der britische Premierminister David Cameron will bei künftigen Krawallen notfalls auch die Armee einsetzen, um der Polizei den Rücken freizuhalten. Die Regierung werde einen Militäreinsatz im Landesinneren prüfen, damit die Polizei ihre Kräfte künftig verstärkt «an der Front» einsetzen könne.
Cameron versprach zudem in einer Sondersitzung des Unterhauses für die Besitzer von beschädigten Geschäften und Wohnungen eine rasche und unkomplizierte Entschädigung – auch wenn die Betroffenen keine Versicherung abgeschlossen hätten.
An Boston orientieren
«Wir müssen ein Jahr vor den Olympischen Spielen zeigen, dass Grossbritannien nicht zerstört, sondern aufbaut», sagte Cameron. Die britische Polizei soll künftig bei Krawallen mehr Entscheidungsspielraum bekommen. So soll Polizisten erlaubt werden, die Gesichtsmasken von vermummten Gewalttätern zu entfernen, sagte Cameron. Auch werde derzeit geprüft, wie die Menschen daran gehindert werden könnten, mithilfe sozialer Online-Netzwerke Krawalle vorzubereiten.
Die britische Regierung will sich nach Angaben von Cameron bei der Bekämpfung von Bandenkriminalität auch an Beispielen aus dem Ausland orientieren. So hätten Städte wie Boston ein ähnliches Problem. Konkret nannte er den früheren Polizeichef von Los Angeles und New York, Bill Bratton, der möglicherweise helfen könne. Die Regierung werde sich aber auch der tieferen Probleme annehmen, die bei den Krawallen eine Rolle gespielt hätten, erklärte Cameron weiter.
Weiteres Fussballspiel abgesagt
Die Krawalle in England haben auch Auswirkungen auf die Premier League. Wie die Liga am Donnerstag mitteilte, wird das Spiel zwischen Tottenham Hotspur und dem FC Everton abgesagt, da die Sicherheit für die Partie zum Auftakt in die 20. Saison nicht gewährleistet werden kann. Der Stadtteil Tottenham ist ein Brennpunkt in London, an dem es in den vergangenen Tagen massive Ausschreitungen gab. Wegen der Krawalle war bereits das für Mittwoch geplante Länderspiel zwischen England und den Niederlanden abgesagt worden.
SDA/jak
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