Vorschlag für Partnerschaftsvertrag Bundesrat ist offen für die Ehe light
Wer nicht verheiratet ist, darf seine Partnerin oder seinen Partner im Krankheitsfall nicht vertreten. Das soll sich bald ändern: Ein Bericht zeigt, wie ein Pact de solidarité aussehen könnte.

Ab dem 1. Juli ist es so weit: Wegen der Annahme der Ehe für alle im Herbst 2021 können gleichgeschlechtliche Paare heiraten. Die bis anhin geltende eingetragene Partnerschaft wird damit abgeschafft. Wer bereits in einer solchen lebt, kann dies weiterhin tun, neue dürfen aber nicht mehr eingegangen werden. Doch was ist mit den Paaren, die keine Ehe eingehen möchten, denen aber das Konkubinat zu wenig verbindlich ist?
Für diese könnte ein Pacte civil de solidarité (Pacs) eine Möglichkeit sein. Das ist ein Vertrag, wie ihn Frankreich bereits kennt und der zwischen zwei volljährigen, urteilsfähigen Personen unterschiedlichen oder gleichen Geschlechts geschlossen wird und problemlos wieder aufgelöst werden kann. Der Bundesrat zeigt sich offen für eine solche Lösung, wie aus einem am Mittwoch veröffentlichten Bericht hervorgeht. Mehrere Postulate des Ständerats Andrea Caroni, die er noch als Nationalrat eingereicht hat, haben den Anstoss dazu gegeben. Der Freisinnige forderte einerseits eine Übersicht über die verschiedenen Definitionen und Rechtsfolgen des Konkubinats im geltenden Recht und anderseits die Prüfung eines Pacs nach Schweizer Art.
Rechtsunsicherheit bei Konkubinat
Aus dem Bericht wird deutlich, dass für Konkubinatspaare eine gewisse Rechtsunsicherheit besteht. So kann eine Person das Kind des Lebenspartners adoptieren, wenn die beiden drei Jahre zusammengelebt haben. Anspruch auf Hinterlassenenleistungen aus der beruflichen Vorsorge haben Konkubinatspartner nur dann, wenn dies im Reglement der Vorsorgevorrichtung so vorgesehen ist und in den letzten fünf Jahren bis zum Tod ununterbrochen eine Lebensgemeinschaft bestand.
Seit 2021 haben Arbeitnehmende wiederum unabhängig von der Dauer der Lebensgemeinschaft Anspruch auf bezahlten Urlaub für die Betreuung des Lebenspartners mit gesundheitlicher Beeinträchtigung. In vielen anderen Lebensbereichen hingegen sind die Rechte und Pflichten innerhalb des Konkubinats heute nicht gesetzlich geregelt, beispielsweise im Unterhalts- und im Erbrecht. Es besteht zwar die Möglichkeit eines Konkubinatsvertrags. Dieser ist aber nicht stark verbreitet, weil er einerseits nicht sehr bekannt ist und andererseits nicht jede Situation abdeckt.
Mit dem Pacs hätten Paare die Möglichkeit, auf unkomplizierte Weise und beschränkt auf die Dauer ihrer Beziehung ihr Zusammenleben verbindlich zu regeln – nach innen und gegenüber Dritten. Wie Erfahrungen etwa aus Frankreich zeigen, kommt ein solcher Vertrag vor allem für zwei Gruppen infrage: für junge Paare, die zwar zusammenleben möchten, sich aber noch keine Gedanken über die Ehe, Kinder oder den Kauf einer Wohnung machen. Aber auch für ältere Paare, die bereits eine Ehe hinter sich haben, geschieden oder verwitwet sind und keine Lust haben, erneut zu heiraten.
Bundesrat überlässt Ausgestaltung dem Parlament
In seinem Bericht legt der Bundesrat dar, wie ein Pacs aussehen könnte, die konkrete Ausgestaltung will er aber dem Parlament überlassen. Er beschränkt sich auf die Rechte und Pflichten, die sich aus dem Vertrag in Bezug auf Beistand, Unterhalt, Schutz der Wohnung, Vertretung der Partnerin oder des Partners bei Urteilsunfähigkeit oder Krankheit, Sozialversicherungen und Familiennachzug ergeben könnten.
Im Unterschied zu Konkubinatspaaren wären Pacs-Paare etwa verpflichtet, den Partner wirtschaftlich und persönlich zu unterstützen. Sie hätten auch das Recht, die Partnerin in medizinischen Belangen zu vertreten, sollte diese beispielsweise im Spitalbett nicht mehr in der Lage sein, selbst zu entscheiden. Partner müssten zudem einen Beitrag an den Familienunterhalt leisten. Der Mietvertrag für die gemeinsame Wohnung dürfte nur in gegenseitigem Einvernehmen gekündigt werden.
Auch bei den Sozialleistungen wären Paare mit einem Pacs bessergestellt als Konkubinatspaare. Wie bei Eheleuten sollen sie Anspruch auf eine plafonierte Rente und Recht auf Gutschrift für die Betreuung der Partnerin haben. Es ist zudem vorgesehen, dass der nicht erwerbstätige Partner von der Beitragspflicht befreit ist, wenn die Partnerin mindestens das Doppelte des Mindestbeitrags bezahlt.
Zusätzliche Regeln könnten laut Bundesrat in Betracht gezogen werden, wenn aus der Beziehung Kinder hervorgegangen sind. Sofern keine Einigung über die Folgen der Trennung erzielt wird, könnten die Partner beispielsweise das Zivilgericht anrufen, damit es das Getrenntleben regelt, wie es dies bereits im Rahmen der Eheschutzmassnahmen tut. Auch die Einführung einer Härtefallklausel für den Fall, dass eine Partnerin ihre Erwerbstätigkeit reduziert oder sogar aufgegeben hat, um sich der Familie zu widmen, könnte in Erwägung gezogen werden. Eine Möglichkeit wäre, einen Unterhaltsbeitrag für eine begrenzte Zeit festzusetzen, da die Partner – bei Fehlen einer diesbezüglichen Vereinbarung – keinen Anspruch auf Vermögens- oder Vorsorgeausgleich hätten.
Ständerat Andrea Caroni ist sehr zufrieden mit den Ausführungen des Bundesrats. «Darauf können wir aufbauen», sagt er. Als Nächstes möchte er eine Motion oder eine parlamentarische Initiative einreichen. Da der Bundesrat mit seinem Bericht nur eine Grundlage biete, selbst aber von einem konkreten Vorschlag absehe, tendiere er eher für die zweite Option. Caroni rechnet mit breiter Unterstützung im Parlament. Tatsächlich ist der Wunsch nach einem zeitgemässen Familienrecht, das auch die Bedürfnisse von unverheirateten Paaren mit und ohne Kinder abdeckt, nicht neu. SP und Grüne haben in der Vergangenheit auch schon Vorstösse zum Thema eingereicht. GLP und FDP sind ebenfalls auf dieser Linie, die konservativen Kräfte dürften hingegen eher dagegen sein.
Zuletzt hatte Grünen-Nationalrätin Aline Trede versucht, mit einer Interpellation Druck auf den Bundesrat auszuüben. Wie Caroni ist sie ebenfalls der Meinung, dass man nun unbedingt dranbleiben müsse. Ihre Fraktion wird deshalb voraussichtlich einen Vorstoss des Freisinnigen unterstützen. Sie könnte sich vorstellen, selbst noch eine parlamentarische Initiative im Nationalrat einzureichen. Trede schwebt ein Pacs-Modell vor, bei dem Paare aus mehreren Möglichkeiten auswählen könnten, was für sie infrage kommt. «Für die einen ist die gegenseitige Vertretung wichtig. Mir wäre hingegen wichtig, dass im Fall einer Trennung für meine Kinder gesorgt ist und sie abgesichert sind.»
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