Illegale Corona-Demo in BernWasserwerfer, Reizgas, Gummischrot: Polizei greift durch
Trotz eines massiven Aufgebots konnte die Polizei einen Umzug durch die Berner Altstadt nicht verhindern. Letztlich löste sie die Kundgebung aber rigoros auf.
Die Berner Polizei ist am Donnerstagabend erneut mit Gummischrot und Wasserwerfern gegen Teilnehmer einer unbewilligten Corona-Demo vorgegangen. Insgesamt etwa 800 Massnahmenkritiker hatten sich an der Kundgebung beteiligt.
Zunächst hatte die Polizei einen Umzug vom Bahnhof in die Altstadt und zurück toleriert. Im Rummel des Abendverkaufs zogen die Massnahmengegner durch die Gassen und skandierten «Liberté». Viele trugen Blumen als Zeichen des friedlichen Widerstands auf sich.
Laut Angaben der Ordnungskräfte wurden aber zum Teil auch Pyrotechnika gezündet und Gegenstände gegen Einsatzkräfte geworfen. Daraufhin feuerte die Polizei Gummigeschosse ab.
Gleich zu mehreren Einsätzen mit Wasserwerfern und Gummischrot kam es nach 21 Uhr, als sich die Demonstrierenden Richtung Bundeshaus bewegen wollten. Laut Polizei versuchten mehrere Personen, vor dem Bundeshaus eine Sperre zu durchbrechen. Diese wurden zurückgedrängt. Kurzzeitig spielten sich in der Gegend rund um den Bahnhof chaotische Szenen ab.
Über Verletzte lagen keine Angaben vor. Mehrere Ambulanzen standen am Abend im Einsatz. (SDA)
Dass die Polizei letztlich härter durchgegriffen hat, scheint sich auszuzahlen: Viele Demonstrierende laufen zum Bahnhof, ein paar Wenige rufen nochmals «Liberté, liberté», bevor sie im Bahnhofsgebäude verschwinden. Die Polizei sperrt weiterhin alle Strassen ab, die vom Bahnhof her zum Bundesplatz führen.
Neben dem Wasserwerfer setzt die Polizei nun auch Reizgas und Gummischrot ein im Versuch, die Kundgebungsteilnehmenden in Richtung Bahnhof zurückzudrängen. Die Kapo greift rigoroser durch, packt die Demonstrierende auch mal hart an. Einzelne Personen scheinen sich weh getan zu haben und werden von ihren Kameradinnen und Kameraden betreut.
Immer wieder lösen sich Demonstrierende aus der Menge und legen Blumen und rote Grabkerzen vor den Wasserwerfer. Diese reagiert mit Wasserregen. Die Menge zieht sich, nass geduscht, zurück. Dann beginnt das Spiel wieder von vorne, ein paar legen Blumen hin, die Menge nähert sich wieder der Polizei, diese antwortet nach einer Weile mit Wasserregen. Zwei, drei Bierdosen werden Richtung Polizei geworfen, und einer zündet einen Böller.
In der Bundesgasse setzt die Polizei nun auch den Wasserwerfer ein, um die Demonstrierenden am Weiterkommen zu hindern. Vereinzelte Teilnehmer lassen sich davon nicht abschrecken, nähern sich provokativ der Polizeilinie und legen Blumen vor deren Füsse.
Während eine Gruppe Demonstrierender sich in Richtung Hirschengraben aufmacht, versucht eine andere, via Bundesgasse zum Bundesplatz vorzudringen. Doch auch diese wird von der Polizei gestoppt.

Auf dem Bahnhofplatz, unter dem Baldachin, wird die Stimmung ausgelassen. Ein Trommler und ein Dudelsack-Spieler liefern laute Musik, die Menge jubelt und einige tanzen dazu. Die Polizei lässt sie gewähren.
Der Demonstrationszug will sich dennoch vom Waisenhausplatz aus Richtung Bundesplatz begeben, doch dort stehen die Einsatzkräfte in einer Reihe, weshalb die Menge wieder zum Bahnhof abbiegt. Der Einsatz der Polizei wird mit weiteren Buhrufen quittiert.
Die Lage hat sich wieder etwas abgekühlt. Die mittlerweile schätzungsweise 500 Demonstrierenden verbleiben nun auf dem Kornhausplatz – in die untere Altstadt gibts kein Durchkommen. Skandiert wird «Mir häbe zäme!» und immer wieder «Liberté! Liberté!».
Eine kleine Gruppe möchte Richtung Zytglogge. Die Polizei ruft ihr per Megafon entgegen, dass es Richtung Bundesplatz kein Durchkommen gebe. Sie fordert sie dazu auf, zum Bahnhof zurückzugehen.
Die Stimmung wird zusehends aggressiver, als die Polizei beim Kornhausplatz den Weg in die Altstadt abriegelt. Auch Gummischrot wird eingesetzt. Die Menge ist aufgebracht. Es fliegen zum Teil Bierbecher durch die Luft.
Viele Kundgebungsteilnehmende halten Blumen in den Händen, wie es in einem Aufruf empfohlen worden war. Ein paar Demonstrantinnen verteilen ebensolche Blumen an Gäste auf Restaurantterrassen und die Polizei.
Etwas unschöner eine Aktion in der Rathausgasse: Laute Knalle lassen auf das Zünden von Feuerwerkskörpern schliessen – doch sofort ertönen Buhrufe aus dem Demo-Umzug.
Die Ordnungshüter postieren sich nun auf dem Kornhausplatz beim Zytglogge, um sich den Demonstrierenden in den Weg zu stellen und ein Weiterkommen in die Untere Altstadt zu verhindern. Mit Erfolg: Nach vergeblichen Versuchen, an der Polizei vorbeizukommen, biegt das Kundgebungsfeld in Richtung Kornhausbrücke ab.
Die Spitze des Umzugs wollte sich in Richtung Bundesplatz begeben, doch diesen schirmt die Polizei ab. Das Feld teilt sich: Einige marschieren weiter in Richtung Untere Altstadt, andere tanzen zu den Klängen von Dudelsack und Pauken auf dem Bärenplatz.
Die Demonstrantinnen und Demonstranten machen sich nun langsam auf in die Spitalgasse in Richtung Bärenplatz. «Friede, Freiheit, das Volk ist souverän», wird nun gerufen, ein paar wenige Glocken sind zu hören. Eigentlich hatte die Stadt einen solchen Umzug verhindern wollen.
Gemäss Aufruf war die Versammlung auf 19.30 Uhr angesetzt. Mittlerweile haben sich schätzungsweise 200 bis 300 Personen auf dem Berner Bahnhofplatz eingefunden – (noch) nicht zu vergleichen mit den Kundgebungen der letzten Woche. Mit Pfiffen und den bekannten «Liberté!»-Rufen machen die Protestierenden lautstark auf sich aufmerksam. Dann nehmen sie sich bei der Hand und formen einen grossen Kreis.
Es bilden sich jetzt auf dem Bahnhofplatz vereinzelte kleine Gruppen von Demonstrierenden. Diese werden sogleich von Polizeigrenadieren umringt und danach kontrolliert.
Vereinzelt haben sich Massnahmegegnerinnnen und -gegner auf dem Bahnhofplatz versammelt. Kurze Aufregung um 19 Uhr: Eine Frau wehrt sich vehement gehen eine Kontrolle. Als die Polizisten sie in Handschellen abführen, schreit sie minutenlang etwas gar theatralisch. Danach kehrt wieder Pendleralltag zurück auf dem Bahnhofplatz.

sab/mib/jsp/mb/SDA
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