Bund hebt IS-Terrorzelle aus
Die Bundesanwaltschaft ermittelt gegen drei Iraker, die im Verdacht stehen, in der Schweiz einen Ableger der Terrororganisation Islamischer Staat betrieben zu haben.

Die Ermittlungen laufen seit mehreren Monaten und gelten als streng geheim: Mindestens drei irakische Staatsangehörige stehen im Verdacht, in der Schweiz eine Zelle der Terrororganisation Islamischer Staat (IS) gegründet und über diese den IS finanziell und logistisch unterstützt zu haben. Das berichtet die «NZZ am Sonntag».
Die drei Männer befinden sich seit letztem Frühling in Untersuchungshaft. Formell führt die Bundesanwaltschaft (BA) gegen sie ein Strafverfahren wegen Beteiligung an einer kriminellen Organisation und deren Unterstützung; es ist davon auszugehen, dass die BA in ihren Wohnungen auch Hausdurchsuchungen durchgeführt hat. Wie geheim die Ermittlungen sind, zeigt sich daran: Die Bundesanwaltschaft äussert sich mit Verweis auf das Amts- und Untersuchungsgeheimnis überhaupt nicht zum Verfahren.
25 Jihad-Touristen aus der Schweiz
Und das Bundesstrafgericht, das im Rahmen von Beschwerdeverfahren mit dem Fall zu tun hatte, bestätigt zwar, dass es in diesem Zusammenhang Entscheide gefällt hat. Die Generalsekretärin des Gerichts, Mascia Gregori Al-Barafi, hält gegenüber der «NZZ am Sonntag» aber fest: «Die Entscheide sind noch nicht veröffentlicht. Deshalb können wir keine weitergehenden Angaben machen.»
Von einer IS-Zelle in der Schweiz war bisher nichts bekannt. Die BA bestätigte lediglich Strafverfahren gegen sogenannte Jihad-Reisende. Das sind Schweizer oder in der Schweiz wohnende Ausländer, die nach Syrien oder in den Irak reisen, um sich dort dem IS anzuschliessen. Gemäss Geheimdienstinformationen hat deren Zahl in den letzten Monaten zugenommen. Der Nachrichtendienst geht heute von 25 Jihad-Reisenden aus; im Mai waren es noch 15 gewesen.
Die Schweizer Bundesanwaltschaft ermittelt momentan in rund zwanzig Fällen im Bereich des radikalen Jihadismus. Vier dieser Fälle haben einen Bezug zu Syrien, wie Jeannette Balmer, Sprecherin der Bundesanwaltschaft, auf Anfrage gegenüber der Nachrichtenagentur sda sagt. «Gemäss bisherigen Erkenntnissen werden die ins Krisengebiet reisenden Personen vor Ort in radikale Gruppen eingeteilt, nachdem ihre individuellen Fähigkeiten und ihr Kampfpotenzial eruiert wurden», sagt Balmer. Die Ermittlungen gestalteten sich dabei schwierig, zumal der Aufenthaltsort dieser Personen schwer ausfindig gemacht werden könne.
Mitglied unter Terrorverdacht verhaftet
Ausserdem ist bekannt geworden, dass der Präsident des Islamischen Zentralrats (IZRS), Nicolas Blancho, seit 2011 schon neun Vereine in der Schweiz mitbegründet hat. Dies schreibt die «SonntagsZeitung». Die Vereine seien an der gleichen Adresse in Bern wie der Zentralrat registriert.
Die Präsidenten dieser Vereine zeigen gemäss dem Bericht das internationale Netzwerk Blanchos auf: Sie leben in den Golfstaaten Katar, Kuwait und Saudiarabien und haben keinen Bezug zur Schweiz. Blancho selber hat jeweils ein Vorstandsamt mit Einzelunterschrift inne. Die Vereine finanzieren sich laut Statuten unter anderem aus Spenden, Gönnerbeiträgen und Schenkungen.
Wie der «SonntagsBlick» schreibt, haben die Vereine Namen wie Pro Populus Hauran, Internationale Union der Koranrezitoren und Internationaler Islamischer Kooperationsrat. Über sie könne Blancho in den reichen Golfstaaten Geld sammeln. Sie seien auf ausländische Geldgeber ausgerichtet und die Mitgliedschaft koste teilweise 1000 US-Dollar jährlich.
Kritik von Muslimen
Blancho dementiert gemäss der «SonntagsZeitung», dass ausländische Gelder in den IZRS flössen. Die Vorstandsämter in den Vereinen habe er als Privater übernommen, es gebe «keine Verbindung» zwischen den Vereinen und dem Zentralrat, sagt Blancho. In einem der Vereine ist auch der Prediger Shefqet Krasniqi Mitglied, der am Mittwoch in Pristina unter Terrorismusverdacht verhaftet worden ist. Blancho will sich von ihm nicht distanzieren.
Moderate Muslime kritisieren den Zentralrat scharf dafür. Mustafa Memeti, Imam beim Muslimischen Verein Bern, hält den Zentralrat für «anachronistisch» und schädlich. Er sagt gegenüber der «SonntagsZeitung»: «Der IZRS missbraucht den Islam.» Mustafi plädiert dafür, dass muslimische Gemeinden und die Schweizer Behörden enger zusammenarbeiten um gegen Radikale vorzugehen. «Wer in den Jihad will, hat psychische Probleme.»
Berner an der Jihad-Front
Auch ein weiteres Mitglied des Islamischen Zentralrats macht Schlagzeilen: Die syrische Stadt Aleppo ist heftig umkämpft. Mittendrin war Naim Cherni (22), Vorstandsmitglied des IZRS, wie der «SonntagsBlick» berichtet. Mit einer Kamera dokumentierte der Berner demzufolge in diesem Sommer den Widerstand gegen Syriens Präsident Bashar al-Assad (49) – als filmender Jihad-Tourist. Der Nachrichtendienst des Bundes habe Chernis Reise registriert.
Das Kriegsvideo von Naim Cherni wird von moderaten Muslimen heftig kritisiert. «Mit diesem Film und dem geschickten Marketing will der Zentralrat junge Muslime ansprechen und zielt darauf, dass sie nach Syrien in den Jihad ziehen», sagt Saïda Keller-Messahli (57), Präsidentin des Forums für einen fortschrittlichen Islam, gemäss «SonntagsBlick». Naim Cherni rechtfertigt seine Syrien-Reise. Er habe Spenden aus der Schweiz in Form von Lebensmitteln an Bedürftige verteilt und den Alltag an der Front dokumentiert.
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