Bürger entwerfen ideale Gemeinde
Die ideale Gemeinde muss jeder Altersgruppe etwas bieten und trotzdem finanzierbar sein. Solche nicht ganz überraschenden Erkenntnisse lieferten vor allem die jüngsten und ältesten Teilnehmer an einem Forum zur Zukunft von Thunstetten.

Kaum grundlegend neue Ideen, aber viele praktische Vorschläge brachte das vom Gemeinderat Thunstetten initiierte Forum in der Bützberger Mehrzweckhalle hervor. Andere Gemeinderäte ziehen sich ein Wochenende lang zurück, um ihre Legislaturziele zu definieren. In Thunstetten müssen oder dürfen die Bürger selber bestimmen, wie es in den nächsten Jahren «gemeinsam voran» gehen soll. Dieses ungewohnte Vorgehen bietet zwei Vorteile: Die Bürger können tatsächlich mitbestimmen, und der Gemeinderat bekommt nützliche Hinweise, wo er die Schwerpunkte seiner politischen Arbeit setzen soll.
Mit diesem Forum wolle man bloss die Kritiker mundtot machen, meinte zwar einer hinter vorgehaltener Hand. Ein anderer entgegnete ihm jedoch: «Keine Angst, die Muppet-Show in unseren Beizen wird nicht so schnell aussterben.»
Ein Stimmungsbarometer
Organisiert wurde das Forum durch die Berner Firma Rexult AG. Sie hatte mit dem Gemeinderat zuvor eine ähnliche Runde durchgeführt. Später sollen die Auswertungen zusammengeführt und abgeglichen werden.
Rund 50 ausgewählte Personen aus verschiedenen Interessengruppen diskutierten an neun Tischen. Sie waren aufgefordert, ihre ganz persönlichen Meinungen einzubringen. Die Qualität sei wichtiger als die Quantität. Die Vertreter des Gemeinderates und der Verwaltung wohnten dem Anlass nur als Zuhörer bei.
Gemeindepräsident Fred Röthlisberger (SVP) begnügte sich mit der Begrüssung und erklärte: «Wir wollen heute am Stimmungsbarometer die Temperatur messen.»
Fehlende Bäume
Während die einzelnen Gruppen ihre Präsentationen erarbeiteten, nutzte das Publikum die Möglichkeit, seine Forderungen an die Pinnwand zu schreiben. Man solle den eigenen Rohstoff Holz für Fernwärmeprojekte nutzen, bei der Post eine Rent-a-Bike-Station einrichten, Teilzeit- oder Timesharingstellen für Frauen und Männer schaffen, die Strasse nach Aarwangen wieder öffnen, ein Dorffest organisieren, einen Elternrat gründen, ein Dorfzentrum schaffen. Zu lesen war auch: «Unser Dorf braucht keinen Lidl!» Ein anderer schrieb: «Ich wünsche mir eine Gemeinde, die sich weiterentwickelt, aber nicht baulich. Unser kostbarstes Gut ist die Landwirtschaft.» Neben dem schlichten Wunsch nach tieferen Steuern stand: «Entlang der Hauptstrasse fehlen Bäume.»
Alters-WGs fördern
Die Gruppen der geladenen Teilnehmer bekundeten da mehr Mühe, ihre Ansichten auf den Punkt zu bringen. Den Jüngsten zwischen 15 und 20 Jahren sowie den Senioren gelang dies am besten. Für die Gruppe 60plus sprachen Kurt Dubach und Heinz Grogg. «Senioren sollen Senioren helfen», schlugen sie vor, «wir wollen uns nicht nur von Jungen bedienen lassen.» Ein eigenes Alters- und Pflegeheim in der Gemeinde bezeichneten sie als Idealfall. Weil dies aber unrealistisch sei, solle die Gemeinde Alters-WGs fördern. Sie forderten aber auch: «Wir sollten die weitere Bautätigkeit einschränken und stattdessen mehr renovieren oder umbauen.»
Ähnlich äusserte sich Patrick Krähenbühl für die Jugendlichen: «Wir möchten nicht, dass Bützberg zu einem Industriedorf wird. Es muss neben Grossbetrieben auch weiterhin Platz haben für eine Bäckerei und eine Metzgerei.» Positiv werteten sie, dass die Jüngsten die Schulen in ihrem jeweiligen Ortsteil besuchen können. Einen Jugendtreff fänden sie toll. «Die Älteren gehen sowieso nach Langenthal.»
Die Migranten würden vor allem bei Ausländerthemen gerne beratend mitreden. Die Dorfvereine erkannten, dass sie sich besser verkaufen müssen. Und dass der Wunsch nach einem gemeinsamen Dorffest da ist: «Wir sind eine Gemeinde und zwei Dörfer.» Die Gruppe Landwirtschaft, Kirche und Burger stellte fest, dass vorhandene Räumlichkeiten (Kirchgemeinde) besser genutzt werden könnten. Sie will die Bürger für das Littering sensibilisieren und Kulturland erhalten.
Ein Querdenker fehlte
Die Vertreter von Industrie und KMU fordern bei der Raumplanung Weitsicht, um Reklamationen wegen Emissionen zu verhindern. Sie wollen via Gewerbeverein versuchen, Wochenplätze für Schüler anzubieten und den ÖV für Mitarbeiter verbessern.
Die Familien und Zuzüger möchten die Informationspolitik verbessern und familienergänzende Strukturen einführen. Bei den Ortsparteien dominierten bekannte Schlagwörter. Ortsdurchfahrt und Autobahnzubringer waren umstritten.
Man tat sich nicht weh. Die Forderungen blieben moderat. Ein richtiger Querdenker fehlte. Hanspeter Vetsch, der die Behörden schon oft angegriffen hatte, dankte im Namen aller Einwohner: «Das war etwas vom Besten, was ich hier in den letzten 15 Jahren erlebte.» Gemeindepräsident Fred Röthlisberger gab die Blumen schlagfertig zurück: «Und das war eines deiner bisher besten Voten.»
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