Brüssel einigt sich auf Haushaltsplan – Schulz droht mit Veto
Nach stundenlangen Verhandlungen haben die Staats- und Regierungschefs der EU eine Ausgabenobergrenze von 960 Milliarden beschlossen. Der EU-Parlamentspräsident kritisiert den Entscheid.
Die ganze Nacht wurde in Brüssel verhandelt, nun nähern sich die EU-Staats- und Regierungschefs im Haushaltsstreit einem Kompromiss. England und Deutschland setzen sich offenbar mit dem Rotstift durch.
Im EU-Haushaltsstreit sind sich die Staats- und Regierungschefs der Gemeinschaft näher gekommen. Auf dem Tisch lag ein Kompromiss, der die Gesamtausgaben der Gemeinschaft in den kommenden sieben Jahren auf 960 Milliarden Euro begrenzen soll. Damit würde das EU-Budget erstmals schrumpfen.
«Ein ziemliches Täuschungsmanöver»
EU-Parlamentspräsident Martin Schulz lehnt den Haushaltsentwurf jedoch ab. Von den 960 Milliarden Euro für die Jahre von 2014 bis 2020 sollten nur 908 Milliarden Euro an konkreten Geldern zu Verfügung gestellt werden, sagte Schulz im ZDF-«Morgenmagazin».
Dies bedeute ein 52-Milliarden-Euro-Defizit. «Sie werden verstehen, dass ich ihnen als Präsident des Europäischen Parlaments sage, das findet keine Zustimmung des Europäischen Parlaments.»
Schulz kritisierte die Vereinbarungen, die bei dem Gipfel in Brüssel offenbar getroffen wurden. «Was hier gerade läuft, ist ein ziemliches Täuschungsmanöver.» Ein Defizit zu beschliessen, sei juristisch verboten. «Das ist auch keine seriöse Politik.»
Gelder für Jugendarbeitslosigkeit
Ursprünglich hatte die EU-Kommission den langfristigen Haushaltsplan für die Jahre 2014 bis 2020 mit 1,03 Billionen Euro angesetzt. Ratspräsident Herman Van Rompuy, der das Gipfeltreffen leitet, schlug als Kompromiss 972 Milliarden Euro vor. Doch Länder wie Deutschland und vor allem England hatten darauf gedrungen, die Ausgaben noch weiter auf 960 Milliarden Euro zusammenzustreichen. Die Budgetkürzung soll unter anderem dadurch erreicht werden, dass die Gehälter der EU-Beamten für zwei Jahre eingefroren werden. Zudem sollen fünf Prozent Personal abgebaut werden.
Länder wie Frankreich und Polen hatten darauf gedrungen, langfristig genügend Geld zur Verfügung zu stellen, um das Wohlstandsgefälle in Europa auszugleichen. Der Kompromissvorschlag sieht nun vor, sechs Milliarden Euro für Regionen auszugeben, in denen die Jugendarbeitslosigkeit bei über 25 Prozent liegt.
Cameron vs. Hollande
Um die Positionen wurde erbittert gefeilscht. Der Start des Gipfels war am Donnerstag um sechs Stunden vertagt worden, weil in Vorgesprächen Kompromisslinien ausgelotet werden mussten. Der britische Premierminister David Cameron bekräftigte zum Auftakt: Die Zahlen «müssen runtergehen, und wenn sie nicht runtergehen, wird es keine Einigung geben». Der französische Staatspräsident François Hollande hielt dagegen: «Wir müssen sparen, aber ohne die Wirtschaft zu schwächen.»
Gerechnet pro EU-Bürger machen die verschiedenen Vorschläge 20 Euro Unterschied pro Jahr aus: Der üppigste Haushaltsvorschlag kostet jeden Steuerzahler rund 295 Euro im Jahr, der sparsamste rund 275 Euro pro Jahr. 2012 gab die EU rund 147,5 Milliarden Euro aus.
Im November war auf dem EU-Haushaltsgipfel kein Ergebnis erzielt worden. Grossbritannien hatte sich damals gegen jeden Kompromiss gesperrt. Der Präsident des Europaparlaments, Martin Schulz, erinnerte in seiner Eröffnungsrede die Staats- und Regierungschefs daran, dass die Parlamentarier ihren Etat ablehnen könnten. Sollte es keinen Kompromiss geben, werde der derzeitige Haushalt mit einer Erhöhung um 2 Prozent als Inflationsausgleich fortgeschrieben. Das wäre eine praktikable Lösung, sagte Schulz.
SDA/kpn/bru
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