Brief des Polizeichefs: Reitschule spricht von «doppeltem Spiel»
Der Kommandant der Berner Kantonspolizei hat sich mit einem offenen Brief an die Besucherinnen und Besucher der Reitschule gerichtet. Diese sieht dahinter ein Ablenkungsmanöver.

Der Kommandant der Kantonspolizei Bern, Stefan Blättler, stand bisher nicht für offensive Kommunikation. In der Regel lehnte er Anfragen für eine Stellungnahme ab, wenn die ganze Stadt Bern und der halbe Kanton mal wieder über einen Konflikt zwischen Polizisten und Randalierern im Umfeld der Reitschule diskutierten. Für das Kulturzentrum kommuniziert dessen Mediengruppe, für die Polizei deren Mediendienst – sowie der neue kantonale Polizeidirektor Philippe Müller (FDP), der das Thema bewirtschaftet wie einst als Stadtparlamentarier. Blättler? «No comment.»
Bis am Mittwoch: «Ein ungewöhnlicher Weg, aber warum nicht», twitterte die Kapo und verlinkte auf einen offenen Brief Blättlers auf ihrem Blog. «Ich wende mich an Sie als die Besucherinnen und Besucher des Kulturzentrums», begrüsste Blättler dort. Und weiter: «Die Kantonspolizei Bern ist für die Sicherheit aller Personen verantwortlich; egal wo sie sich aufhalten. Nicht immer mag dieser Schutz willkommen sein – gerade dann, wenn er in die Selbstbestimmung eingreift – dies ist mir klar.»
«Unbestritten: Mehrwert»
Er wolle Vorurteile aus der Welt schaffen, so Blättler. «Zwischen den Besuchenden der Reithalle und der Kapo gibt es aus meiner Sicht keine Unterschiede in den Grundwerten. So stehen auch wir für ein selbstbestimmtes und solidarisches Leben ein.» Die Legitimität des Kulturzentrums, mehrfach demokratisch bestätigt, werde von der Polizei keineswegs infrage gestellt, sondern sogar gestützt. «Auch Mitarbeitende von uns, deren Freunde oder Kinder nutzen und schätzen das kulturelle Angebot. Solche Freiräume sind für eine Gesellschaft unbestritten ein Mehrwehrt.»
Die Polizei habe den Auftrag, die Gesetze durchzusetzen – und dem Drogenhandel auf der Schützenmatte entgegenzuwirken. Leider könne man sich auf der Schützenmatte nicht immer sicher fühlen. «Dies wollen wir ändern.» Bei den Kontrollen sei «nicht das Kulturzentrum das Ziel, sondern Menschen mit krimineller Energie, welche den Raum in diesem Gebiet für sich und ihre Taten missbrauchen und erobern wollen – auf Kosten von Ihnen, den Besucherinnen und Besuchern des Kulturzentrums». «Wir wollen die ständige Spirale, welche Konflikte zwischen der Reithalle und der Kapo heraufbeschwört und wohl auch verursacht, durchbrechen und versuchen, gemeinsam Wege zu unser aller Wohle zu finden.»
Die Polizei stehe «für einen offenen Dialog zur Verfügung», schliesst Blättler. Der Anfang scheint gemacht: Der Kapo-Blog hat eine Kommentarfunktion.
Nach offenem Brief weiterer Einsatz
Rund zwei Stunden nach der Veröffentlichung des offenen Briefs meldete die Kantonspolizei per Twitter, es sei eine weitere Aktion gegen den Drogenhandel auf der Schützenmatte im Gang:
Gegen 19 Uhr war der Einsatz schliesslich beendet:
Reitschule: «gezielte PR-Aktion»
In der Nacht auf Donnerstag meldete sich schliesslich auch die Reitschule zu Wort. Sie sieht in dem offenen Brief des Polizeikommandanten eine «gezielte PR-Aktion, um sich nach der aktuellen Kritik wieder in ein besseres Licht zu rücken». Dass die Polizei nur kurze zeit später auf dem Vorplatz der Reitschule mutmassliche Drogendealer verhaftete – und den Einsatz mit Kurznachrichten auf Twitter begleitete – sei kein Zufall.
Die Medienstelle des autonomen Kulturzentrums beklagt, dass sich die Polizei bei Einsätzen bei der Reitschule in jüngster Vergangenheit «eskalativ» verhalten habe. Dass Blättler unter diesen Umständen behaupte, die Polizei suche den Dialog und wolle gemeinsam Wege finden, bezeichnet sie deshalb als «doppeltes Spiel».
Die Kantonspolizei hat zum Einsatz vom Mittwochabend weitere Informationen in Aussicht gestellt. Diese folgen im Verlaufe des heutigen Tages.
mib/hae
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