Blum: «Wir sind auch nur Menschen»
Der SC Bern hat mit dem 3:2 nach Verlängerung in Lausanne die Niederlagenserie beendet. Dass der Meister derzeit eine schwierige Phase durchmacht, wertet Interimscaptain Eric Blum nicht negativ – im Gegenteil: «Es tut uns extrem gut.»
Kann sich ein souveräner Spitzenreiter in der Krise befinden? Am Samstagabend ist man lange geneigt, die Frage mit einem bestimmten Ja zu beantworten. Denn der SC Bern führt die Tabelle der National League zwar klar an, hat in der Meisterschaft zuletzt aber viermal einen Vorsprung verspielt und letztlich verloren.
Und nun liegt der Meister gegen den Lausanne HC sogar 0:2 in Rückstand. Die Mannschaft Kari Jalonens verfügt ligaweit über das effizienteste Powerplay und das mit Abstand beste Boxplay. Doch diesmal hat sie in Unterzahl nach nur 30 Sekunden einen Treffer zugelassen und in Überzahl sogar das zweite Gegentor kassiert.
Genonis Schlüsselparade
Und wenige Sekunden nachdem Lausanne-Verteidiger Jannik Fischer in der 35. Minute von der Strafbank gekommen ist, kann Sven Ryser allein auf Leonardo Genoni losziehen. Hätte er getroffen, die fünfte Niederlage in Folge wäre für die Besucher kaum noch zu vermeiden, das Wort «Krise» passend gewesen.
Doch der SCB-Goalie bleibt im Duell mit Ryser Sieger, und kurz darauf gelingt dem Kanadier Maxim Noreau mit einem satten Weitschuss der Anschlusstreffer. Weil Simon Bodenmann per Abpraller später ausgleicht, ist wie schon gegen Biel, gegen die ZSC Lions und gegen Servette eine Verlängerung fällig.
Diesmal holt der SCB den Zusatzpunkt; Gaëtan schiesst zuerst den Puck an die Latte und wenige Sekunden später sich und seine Teamkollegen aus fast identischer Position ins Glück.
Nach dem Match gibt Eric Blum, der für den verletzten Simon Moser interimistisch das Captainamt ausübt, zu, dass es sich beim 3:2 um «keinen glamourösen Sieg» handelt. Es ist allerdings auch kein unverdienter, denn insgesamt haben die Berner dem Geschehen den Stempel aufgedrückt und in jedem Abschnitt mehr Scheiben aufs Tor gebracht als die Waadtländer.
Vor allem aber ist es ein wichtiger Sieg, ein Sieg gegen die Zweifel, ein Sieg gegen die Verkrampfung. «Die mentale Verunsicherung greift auch bei uns um sich – wir sind auch nur Menschen», sagt Blum. «Wenn du viermal in Folge verlierst, bist du etwas frustriert, versuchst vielleicht sogar, die Sache zu gut zu machen.»
Die Verkrampfung ist eine Erklärung für die vielen ungewohnten Fehler, die den Mutzen in den vergangenen zwei Wochen unterlaufen sind und oft zu gefährlichen Konterangriffen des Gegners geführt haben.
In einer solchen Phase agieren die Spieler weniger intuitiv als gewohnt, überlegen vor einer Aktion kurz und sind so oft einen Sekundenbruchteil zu langsam. «Es sind viele kleine Dinge, die sich summieren», erklärt Blum.
Blums Ehrlichkeit
Der 31-Jährige nennt noch, und das spricht für seine Ehrlichkeit, einen zweiten Grund für das Zwischentief. Zu den Partien gegen die SCL Tigers, Biel und Servette, als die favorisierten Mutzen anfänglich dominiert und daher auch geführt hatten, sagt er: «Vielleicht sind wir durch unsere komfortable Tabellenlage auf eine Art fast etwas überheblich geworden.» Die Berner hätten es zuweilen etwas «zu easy» genommen. «Dafür sind wir gebüsst worden.»
In der provisorischen Patinoire de Malley, in der es keinen Gästesektor gibt, ist bei den SCB-Akteuren nie ein wohliges Gefühl entstanden, dafür haben die Einheimischen mit ihren zwei Toren und der körperbetonten Spielweise gesorgt. Die Mannschaft Kari Jalonens hat die Herausforderung angenommen, die Intensität erhöht und letztlich den Charaktertest bestanden – nicht zuletzt dank Genoni.
«Leo hat uns fantastisch im Spiel gehalten. Wir brauchten ihn, damit wir wieder auf die Siegesstrasse fanden. Es braucht alle Puzzleteile, es brauchte auch ihn wieder.» Die Aussage Blums ist als Kompliment gedacht, doch der letzte Satz bestätigt den Eindruck, der beim Beobachten von der Tribüne aus entstanden ist: Auch Genoni strahlte zuletzt nicht die gewohnte Sicherheit aus.
Dass der SCB derzeit eine schwierige Phase durchmacht, erachtet Eric Blum nicht als negativ. Er hält sogar fest: «Es tut uns extrem gut. Die Niederlagen veranlassten uns zum Nachdenken, jeder ging über die Bücher. Jeder hat begriffen, dass es mit 80 bis 90 Prozent nicht reicht.»
Diese Erkenntnis ist gerade im Hinblick auf die Playoffs von nicht zu unterschätzendem Wert. Denn in der entscheidenden Phase der Meisterschaft bedeuten vier Niederlagen in Folge stets das Saisonende. Für den SCB wäre es eine Krise zur Unzeit.
Dieser Artikel wurde automatisch aus unserem alten Redaktionssystem auf unsere neue Website importiert. Falls Sie auf Darstellungsfehler stossen, bitten wir um Verständnis und einen Hinweis: community-feedback@tamedia.ch