Bloss Tierknochen im Massengrab von Abu Salim?
Am Sonntag wurde in Libyen ein Massengrab mit mehr als 1200 Toten eines Massakers entdeckt – angeblich. Experten machen nun ein grosses Fragezeichen hinter dem Fund.

Am Sonntag meldete der Militärrat der neuen libyschen Führung die Entdeckung eines Massengrabs. Darin sollen sich die Überreste von mehr als 1200 Menschen eines Massakers aus dem Jahr 1996 befinden. (Redaktion Tamedia berichtete)
Neue Untersuchungen eines Expertenteams lassen nun aber Zweifel an der Echtheit der menschlichen Leichen aufkommen. «Es könnte auch etwas anderes sein», sagte Jamal Ben Noor vom Ministerium für Justiz und Menschenrechte gegenüber CNN. Die Forschungen seien zurzeit noch im Gang, ein Endergebnis könne noch nicht präsentiert werden.
Zu grosse Knochen
Forscher stellten fest, dass gewisse Knochen zu gross sind, als dass sie von Menschen stammen könnten. Gemäss CNN seien gestern Tierknochen gefunden worden. Ben Noor möchte noch kein definitives Urteil abgeben, ob es sich bei der Entdeckung um eine Falschmeldung handle: Den Untersuchungen müsse noch mehr Zeit gegeben werden. Es würden gegenwärtig noch andere Gebiete untersucht, auf denen sich das Massengrab befinden könne.
Der Nationale Übergangsrat bat derweil um internationale Unterstützung: «Es bleibt noch viel zu tun, um das Massaker vollständig aufzuklären», sagte Dr. Salem Fergani vom Übergangsrat. Das Massaker von Abu Salim hat indirekt mit dem Beginn des Volksaufstands gegen al-Ghadhafi im Februar zu tun. Die ersten Aufrufe zu Protestkundgebungen in der Hafenstadt Benghazi kamen von Angehörigen der Opfer, die sich gegen die Inhaftierung einer ihrer Anwälte wehren wollten.
Vergeltung für Häftlingsrevolte
Das Abu-Salim-Massaker war die grausame Vergeltung des Regimes von Ex-Machthaber Muammar al-Ghadhafi für eine Häftlingsrevolte. Diese war wegen schlechter Haftbedingungen ausgebrochen. Bei den Getöteten handelt es sich um rund 1300 Häftlinge aus dem Staatssicherheitsgefängnis Abu Salim. Angeordnet hatte das Blutbad der Geheimdienstchef Abdullah Senussi. Er ist wie al-Ghadhafi und dessen Sohn Saif al-Islam untergetaucht. Sie sind bereits vom Strafgericht in Den Haag angeklagt worden.
Die Leichen der Opfer konnten nie an die Angehörigen übergeben werden. Menschenrechtler hatten stets vermutet, dass sie im Bereich des Gefängnisses verscharrt wurden. Das Abu-Salim-Gefängnis war bis zum Zusammenbruch des Regimes vor einem Monat in Betrieb. Die Insassen waren dort aus politischen Gründen inhaftiert, in fast allen Fällen ohne Anklage, Haftbefehl oder Gerichtsurteil. Zur Zeit der Befreiung von Tripolis durch die Milizen des Übergangsrats verliess das Wachpersonal die Haftanstalt und die Gefangenen gingen nach Hause.
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