Biber beisst Hund
Die Begegnung mit einem Biber in Gäbelbach endete für einen Riesenschnauzer beim Notfalltierarzt. Ein seltener Vorfall, wie der Experte sagt.
Wenn Lupo baden will, kommen dafür im Berner Gäbelbach nur wenige Stellen infrage. Meist ist das Wasser für den sechsjährigen Riesenschnauzer schlicht zu wenig tief. Wenn man von der Eymatt bachaufwärts kommt, kurz nach dem Wasserfall, gibt es aber eine geeignete Stelle. Ein ausgespültes Becken, perfekt für einen «Schwumm».Es war die falsche Stelle, wie sich zeigen sollte.
Lupo schwamm im Wasser, als plötzlich von der Böschung her etwas «fadegrad» auf ihn zugeschossen kam, wie sich Halterin Judith Schürch erinnert. Es war ein Biber, der angriff. Es dauerte nur Sekunden. Der Biber schlug wie wild mit seinem Schwanz auf die Wasseroberfläche. Der Hund ruderte, Wasser spritzte. Die Kräfteverhältnisse waren klar. Der Biber befand sich in seinem Element, Lupo nicht.
Notfallmässig zum Tierarzt
Judith Schürch schrie und versuchte vom Ufer aus mit einem langen Ast die Tiere zu trennen. Als sie endlich voneinander liessen und Lupo ans Ufer schwamm, sah sie das Blut sofort. Ihr Hund wurde gebissen, eine klaffende Wunde an der Pfote, die Haut hing in Fetzen.
Und der Biber? Der lag im Wasser nahe des Ufers und stellte sich tot – ein bekannter Reflex bei vielen Tieren. Am Rücken war sein Fell etwas zerzaust, sichtbare Wunden sah Schürch aber keine. Sie ist sich sicher: «Lupo hat ihn nicht gebissen oder sonst wie verletzt.»
Schürch hat den Hund in einiger Distanz angebunden, ist nochmals nachschauen gegangen und hat gesehen, wie der Biber davongeschwommen und im Wurzelwerk verschwunden ist.
Judith Schürch zählt sich zu den verantwortungsvollen Hundehaltern. Wenn sie das geringste Anzeichen gesehen hätte, dass der Biber verletzt gewesen sei, hätte sie den Wildhüter angerufen, versichert sie. Dies sei aber nicht der Fall gewesen. Stunden später sitzt sie mit ihrem Hund notfallmässig beim Tierarzt. Die Pfote muss geklammert werden.
Absolut natürliches Verhalten
Der Vorfall ist nun über eine Woche her. Sie erzähle die Geschichte nicht, weil sie Lupo als Opfer darstellen wolle, sagt Schürch. Sie sorgt sich um die Biber. «Das arme Tier hatte maximalen Stress.» Indem sie andere Hundehalter sensibilisiert, will sie weitere solche Vorfälle vermeiden. «Wenn ich gewusst hätte, dass es am Gäbelbach Biber hat, hätte ich mich anders verhalten», sagt sie.
Sie hätte Lupo an die Leine genommen und ihn sicher nicht schwimmen lassen. Wie ein Augenschein vor Ort zeigt, sind an der Stelle tatsächlich keine Indizien sichtbar, die auf Biber schliessen lassen. Weder sind Bäume angefressen, noch gibt es entsprechende Bauten.
Den Behörden ist seit Jahren bekannt, dass nicht nur am nahen Wohlensee, sondern auch am Gäbelbach Biber vorkommen.
Das kantonale Jagdinspektorat weiss von einem ähnlichen Vorfall in der Region Mittelland. Solche Fälle seien sehr selten und kämen nur ab und zu vor, sagt Experte Christof Angst von der Biberfachstelle. Meistens würden die Biber in der Dämmerung am Ufer sitzen und fressen. «Jetzt stellt man sich vor, kommt ein Hund daher und springt dem Biber auf den Kopf. Was macht das Wildtier? Es verteidigt sich und beisst zu. Das ist ein absolut natürliches Verhalten», so Angst.
«Die Tiere wiegen 20 bis 25 Kilo und haben scharfe, dolchartige Zähne.»
In den allermeisten Fällen sei der Biber schon weg, bevor der Hund da ist. Es habe aber schon Fälle gegeben, wo der Hund im Spital gelandet sei. «Man muss aber die Relationen bewahren», sagt Angst. Es gebe in der Schweiz 3000 Biber und rund eine halbe Million Hunde. Wegen eines Biberbisses sei bis jetzt noch kein Hund gestorben.
«Umgekehrt werden regelmässig Jungtiere von Hunden totgebissen», sagt der Experte. Jedes Jahr würden sich solche Fälle ereignen. Wenn ein Hund Wildtiere reisst, ist das eine Straftat, für die der Halter haftet. Im Frühling kommt die Zeit, wo die Biber Nachwuchs haben. Letztes Jahr rief Pro Natura darum die «Hündeler» dazu auf, sie sollten ihre Tiere an die Leine nehmen. Wenn die Jungen da sind, dann wehre sich der Biber erst recht, sagt Angst: «Die Tiere wiegen 20 bis 25 Kilo und haben scharfe, dolchartige Zähne.»
Biber muss nichts befürchten
Die revidierte Jagdverordnung des Bundes erlaubt es unter gewissen Umständen, die geschützten Biber zu töten, etwa wenn Infrastrukturanlagen «erheblich gefährdet» werden. Hunde gehören nicht in diese Kategorie. Vonseiten der Wildhut seien derzeit auch keine speziellen Massnahmen geplant, heisst es beim Jagdinspektorat.
Lupo war dreimal beim Tierarzt, Mitte Woche kommen die Klammern raus. Seine Badesaison wird er nicht am Gäbelbach verbringen.
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