Debatte um AtomstromBeznau soll vom Netz – Grüne kontern FDP-Pläne
In einem neuen Vorstoss verlangen die Grünen die Abschaltung des AKW. Ausgerechnet jetzt, da vor einer Strommangellage gewarnt wird.

Beide Parteien haben den schrittweisen Atomausstieg unterstützt. Das war 2017 in der Abstimmung über die Energiestrategie 2050. Mittlerweile könnten die Positionen unterschiedlicher kaum sein. Während die FDP-Führung das Neubauverbot für Kernkraftwerke aus dem Gesetz streichen will, verlangen die Grünen die Abschaltung von Beznau.
Die Forderung der Grünen ist nicht neu, sie erhält nun aber neue Dringlichkeit. In einer Motion fordert die Grünen-Fraktion den Bundesrat auf, Beznau die Betriebsbewilligung zu entziehen; einen entsprechenden Vorstoss werden die Grünen in der Frühlingssession einreichen, wie Fraktionschefin Aline Trede sagt. Die Grünen verlangen zudem ein verbindliches Langzeitbetriebskonzept für alle vier Kernkraftwerke in der Schweiz.
Mit Jahrgang 1969 gehört Beznau weltweit zu den ältesten Meilern, die noch im Betrieb sind. Die Grünen kritisieren, die Anlage entspreche nicht den aktuellen Sicherheitsanforderungen, etwa punkto Erdbebensicherheit. Die Atomaufsichtsbehörde des Bundes (Ensi) dagegen hat erst letzte Woche bilanziert, alle Kernkraftwerke der Schweiz würden sich in einem «sicherheitstechnisch guten Zustand» befinden und die gesetzlichen Sicherheitsvorgaben einhalten.
Das Vorpreschen der Grünen ist eine direkte Reaktion auf den neuen Plan der FDP-Führung. Sollte das Parlament – die Debatte ist womöglich schon in der Sommersession – das Neubauverbot tatsächlich aufheben, wird die Geschäftsleitung der Grünen dem Parteivorstand beantragen, das Referendum zu ergreifen. «Die AKW-Diskussion behindert den Fortschritt bei der Energiewende», sagt Trede. Atomkraftwerke seien nicht die Lösung, weder ökologisch noch ökonomisch noch mit Blick auf die zeitliche Dimension.
Indes: Seit eine Studie des Bundes im letzten Herbst vor möglichen Strommangellagen ab 2025 gewarnt hat, ist die Frage der Versorgungssicherheit in der politischen Agenda weit nach oben gerückt. Beznau produziert etwa doppelt so viel Strom, wie die Stadt Zürich verbraucht. Gefährden die Grünen eine sichere Stromversorgung? Trede bestreitet das. Im letzten Herbst hat das Parlament entschieden, den Ausbau der erneuerbaren Energien mit zusätzlichen Massnahmen zu fördern. Dieser Beschluss müsse jetzt schnell umgesetzt werden, so Trede.
«Die Grünen wollen die Schweiz geradeaus in den Blackout führen.»
Kritiker widersprechen Trede. «Die Grünen wollen die Schweiz geradeaus in den Blackout führen», sagt FDP-Nationalrat Christian Wasserfallen. Er nennt sie darum die «Dunkel-Grünen». Wasserfallen erinnert an die Atomausstiegsinitiative, die eine maximale Laufzeit für Kernkraftwerke von 45 Jahren verlangte. Hätte das Stimmvolk 2016 das von den Grünen lancierte Begehren nicht verworfen, wäre Beznau jetzt vom Netz, Gösgen müsste 2024 folgen, Leibstadt 2029.
Atombefürworter sammeln bald Unterschriften
Die Referendumsdrohung steht also bereits zu einem frühen Zeitpunkt. Noch ist nicht klar, ob die FDP-Basis am 12. Februar den Vorschlag der FDP-Führung absegnen wird. Und selbst wenn, bräuchte die FDP im Parlament neben der SVP Stimmen aus der Mitte, um das Verbot kippen zu können.
Bewegung gibt es derweil auch auf der Seite der Atombefürworter. In der Pipeline ist eine neue Volksinitiative, die das Neubauverbot ebenfalls kippen will. Der Initiator des Projekts, der Energie-Club Schweiz, wollte ursprünglich mit der Unterschriftensammlung warten, bis das Parlament über das Neubauverbot entschieden hat (was im Sommer der Fall sein könnte). Nun aber hat er seine Strategie geändert, wie Präsidentin und SVP-Politikerin Vanessa Meury bestätigt. Das Begehren mit dem Titel «Stopp dem Blackout» liegt zur Vorprüfung bereits bei der Bundeskanzlei. Sobald die Prüfung abgeschlossen ist, wollen Meury und ihre Mitstreiter mit der Sammlung beginnen. «So möchten wir den Druck auf das Parlament erhöhen.»
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