Besetzer verspielen Vertrauen
Das Besetzerkollektiv an der Bahnstrasse in Bern muss die städtische Liegenschaft wieder verlassen. Es seien rote Linien überschritten worden, sagt Gemeinderat Michael Aebersold (SP).

Mitte Januar besetzte das Kollektiv Steigi 69, damals noch als «Die Januarlöcher», die städtische Liegenschaft an der Bahnstrasse 69 im Steigerhubel. Zunächst lief alles gut, denn Berns rot-grüner Gemeinderat lässt sich mit Besetzern auf Verhandlungen ein: Ein zeitlich begrenzter Verbleib sei verhandelbar, liess Immobilien Stadt Bern (ISB) letzte Woche gegenüber dieser Zeitung verlauten.
Inzwischen hat der Wind gedreht. Die Stadt setzte dem Kollektiv das Ultimatum, die Liegenschaft bis übernächsten Freitag zu räumen. Dies teilte Steigi 69 am Mittwoch mit, erzürnt über den ISB-Angestellten, der dem Kollektiv die Botschaft überbracht hatte. Nach einem «äussert erbaulichen» Gespräch eine Woche davor habe man erwartet, beim nächsten ISB-Besuch am 6. Februar gemeinsam den ausgehandelten Zwischennutzungsvertrag zu unterzeichnen.
Stattdessen habe eine Dreierdelegation von ISB das Ultimatum verkündet und sich jeder weiteren Diskussion verschlossen. Angesichts der herrschenden Wohnungsnot und der fehlenden Baubewilligung für den geplanten Ersatzbau sei das Vorgehen der Stadt Ausdruck einer «herablassenden, arroganten Wohnpolitik».
Der oberste ISB-Chef, Finanzdirektor Michael Aebersold (SP), zeichnet ein anderes Bild. Tatsächlich sei die Stadt auf das Kollektiv zugegangen und habe ihm am 1. Februar einen Gebrauchsleihvertrag zur Prüfung ausgehändigt. «Es handelte sich seitens Stadt um eine Offerte.» Am 6. Februar hätte das Kollektiv laut Aebersold mitteilen sollen, ob es darauf einsteige und den Vertrag in der ausgehandelten Fassung unterzeichne.
Doch das Kollektiv hat laut Aebersold «eine rote Linie» überschritten – notabene schon beim ersten Kontakt, als Mitarbeitende von ISB «durch einzelne Besetzende verbal bedroht wurden». Es war der Kontakt, den das Kollektiv als «äussert erbaulich» bezeichnet. Mehr noch: Es habe sich gezeigt, dass das Kollektiv keine Rücksicht auf die Nachbarschaft nehmen wolle, so Aebersold. Dies habe zu Reklamationen geführt.
In der Nacht auf letzten Samstag schliesslich habe die Polizei zweimal ausrücken müssen, «da rund 25 Personen Holzpaletten verbrannten und die Nachtruhe störten». Zudem habe sich das Kollektiv wichtigen Regeln des Vertragsentwurfs schon im Vorfeld widersetzt und bauliche Veränderungen vorgenommen. Damit sei die nötige Vertrauensgrundlage für die Gebrauchsleihe nicht mehr gegeben gewesen. «Nachtruhestörung, Vandalismus und Drohungen gegen meine Mitarbeitenden sind Verhaltensweisen, welche das Vertrauen zerstören und nicht akzeptierbar sind.»
Die Stadt will das Haus abreissen und durch provisorische Modulbauten ersetzen. Gegen das Baugesuch sind Einsprachen hängig, die Abbruchbewilligung dagegen liegt laut Stadt vor. «Steigi 69 bleibt», schreibt dagegen das Kollektiv und ruft zu Widerstand auf.
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