Erneute Corona-Demo am SamstagBerner Gemeinderat ruft zu Demo-Verzicht auf
Für Samstag rufen Corona-Skeptiker zu einer Demo in Bern auf. Der Gemeinderat wendet sich mit markigen Worten an die Organisatoren.

Der Berner Gemeinderat hat die Organisatoren einer Kundgebung vom Samstag gegen die Corona-Schutzmassnahmen aufgefordert, den Anlass nicht durchzuführen. Die Bürgerinitiative solle den Aufruf zur Teilnahme umgehend zurückziehen. Die Gruppe ruft in den sozialen Netzwerken zu einer unbewilligten Kundgebung «in den Strassen und Parks der Stadt Bern» auf.
Hinter dem Aufruf steckt eine offenbar internationale Kampagne namens «World Wide Rally for Freedom and Democracy», wie Recherchen dieser Zeitung zeigen. Auf Social Media finden sich Flyer, welche Menschen in etlichen Städten auf der Welt auffordern, auf die Strasse zu gehen. Auch für Bern existiert ein Flyer. Viele Infos sind jedoch nicht darauf enthalten, bloss die Uhrzeit von 12 Uhr.
Polizei will Ansammlungen verhindern
Der Gemeinderat hält den Aufruf «für unverantwortlich», wie er am Donnerstag mitteilte. Erst seit kurzem seien aufgrund erster Öffnungsschritte die Geschäfte in der Stadt Bern wieder offen. Eine unbewilligte Kundgebung würde das von Corona hart betroffene Gewerbe in der Innenstadt zusätzlich belasten.
Für den Stadtberner Sicherheitsdirektor Reto Nause (CVP) ist es laut Mitteilung «unverständlich, ohne Einwilligung der Behörden und damit ohne verbindliches Schutzkonzept zu Kundgebungen aufzurufen und grosse Menschenansammlungen zu provozieren».
Nause wies darauf hin, dass die Schutzmassnahmen wie die Maskenpflicht, das Einhalten der Abstandsregeln und das Vermeiden von Ansammlungen immer noch gelten und somit auch in der Bundesstadt zu befolgen seien. Auch das von den Behörden angeordnete Versammlungsverbot von mehr als 15 Personen im öffentlichem Raum gelte nach wie vor. Die Berner Kantonspolizei wird Personenansammlungen entgegenwirken, wie die Stadt Bern ankündigte. Es sei daher mit Anzeigen und Kontrollen zu rechnen.
Bewilligter Sitzstreik am Freitag
Bereits am Freitag findet in Bern eine Kundgebung statt. Die Klimajugend hat schweizweit zu Sitzstreiks aufgerufen, auch in Bern. Diese Kundgebung hingegen wurde von den Stadtbehörden bewilligt. Die Klimajugend betonte in ihrem Demo-Aufruf, dass es keine Massenversammlungen geben werde. Stattdessen rief sie zu dezentralen Sitzstreiks auf mit einer Begrenzung der Personenansammlung entsprechend den lokalen Regelungen. Auch ein Hygienekonzept liegt laut den Organisatoren vor.
Angesprochen auf eine mögliche Ungleichbehandlung, sagte Nause am Donnerstag, die beiden Anlässe seien nicht vergleichbar. Im Fall der Gegner der Corona-Massnahmen handle es sich um eine unbewilligte Kundgebung. Im anderen Fall um einen bewilligten Anlass für 15 Personen, bei dem man davon ausgehe, dass die Teilnehmer Masken trügen.
Uneinheitliches Vorgehen?
Das Einschreiten oder Nichteinschreiten der Polizei bei Kundgebungen sorgt in Bern regelmässig für Diskussionen in der Öffentlichkeit. Die einen werfen der Polizei «laissez-faire» vor, die anderen kritisieren den «Berner Polizeistaat». Nach den Eidgenössischen Abstimmungen vom 7. März etwa hatte am Sonntagabend in Bern eine unbewilligte, spontan organisierte Demonstration stattgefunden.
Dies führte in der aktuell laufenden Frühlingssession des Kantonsparlaments prompt zu einer Anfrage, warum die Polizei diese Kundgebung habe ziehen lassen. Der Regierungsrat verweist in seiner Antwort darauf, dass die Teilnehmenden die Maskentragpflicht eingehalten hätten. Einzig gegen die Regel, wonach sich nicht mehr als 15 Personen im öffentlichen Raum versammeln dürfen, habe die Gruppe verstossen. Eine Durchsetzung dieser 15er-Regel wäre unter den gegebenen Umständen nicht verhältnismässig gewesen.
Bei Spontankundgebungen erfolgt eine Intervention jeweils gestützt auf eine Beurteilung der Einsatzleitung. Sie müsse sich nach dem Gebot der Verhältnismässigkeit richten, heisst es in der regierungsrätlichen Antwort. Die Thematik der Kundgebung oder der politische Hintergrund spielten für die Kantonspolizei keine Rolle.
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