Bern als Hauptstadtregion
Ermutigung für den Grossraum Bern: Die Idee, Bern im wirtschaftlichen Standortwettbewerb als Hauptstadtregion Schweiz zu positionieren, kommt bei möglichen Partnern zwischen La Chaux-de-Fonds und Brig sehr gut an.
«Das Beispiel von Washington hat mir die Augen noch einmal geöffnet», bekannte der kantonale Volkswirtschaftsdirektor Andreas Rickenbacher (SP) gestern in der Berner Staatskanzlei vor Medien. Er bezog sich damit auf ein in der BZ vom letzten Samstag erschienenes Interview. Die Berner Geografieprofessorin Heike Mayer erläuterte darin, wie es die US-Kapitale geschafft hatte, von der müden Beamtenstadt zur dynamischen Hauptstadtregion zu werden, der es gelang, ihre Funktion als politisches Zentrum zum wirtschaftlichen Standortvorteil zu machen.
Auf diesem «Washingtoner Entwicklungsweg» ist auch Bern unterwegs. Seit gestern mit gestärktem Rücken. Denn die Konsultation, die Stadt und Kanton in den letzten beiden Monaten durchgeführt hatte, brachte vor allem Zustimmung. Die Kantone Freiburg, Neuenburg, Solothurn und Wallis sowie 15 kleinere und mittlere Städte aus diesem Einzugsgebiet sind bereit, sich ernsthaft in das Projekt Hauptstadtregion Schweiz einzubringen und sich dafür zu engagieren. Einzig Moutier schickte eine abschlägige Antwort zurück nach Bern.
«Die Idee der Hauptstadtregion ist verstanden worden und gut angekommen», hielt Berns Stadtpräsident Alexander Tschäppät (SP) fest, der dieses Thema seit eineinhalb Jahren dezidiert vorantreibt. Die hohe Akzeptanz ist nicht selbstverständlich: Bei jedem Versuch Berns, Nachbarkantone zur Zusammenarbeit zu animieren, schwingt das Trauma des Espace Mittelland mit.
Variable Geometrie
Die sechs Kantone Solothurn, Freiburg, Neuenburg, Jura, Waadt, Wallis wollten unter der Führung von Bern eine Art gemeinsamen Wirtschaftsraum bilden – als Antwort auf den wirtschaftlichen Speed in Zürich und am Genfersee. Das Vorhaben scheiterte trotz jahrelanger Bemühungen kläglich. Nicht zuletzt am Berner Eigensinn.
Jetzt versucht Bern mit der Hauptstadtregion einen Neustart in grossräumiger Zusammenarbeit – und ist, wie die breite Zustimmung zwischen La Chaux-de-Fonds und Visp zeigt, klar besser aufgestellt als zu Zeiten des Espace Mittelland.
Entscheidende Neuerung ist die sogenannte variable Geometrie: Ein Kanton oder eine Stadt muss sich nicht exklusiv verpflichten, bei der Hauptstadtregion mitzumachen, sondern tut dies nur bei spezifischen Themen.
Aufgewertetes Bern
Illustrieren lässt sich dies beispielsweise im Fall des Kantons Solothurn, wie der Solothurner Stadtpräsident und Nationalrat Kurt Fluri (FDP) erläuterte. Solothurn werde sich in Verkehrsfragen zweifellos stark in der Hauptstadtregion engagieren, so Fluri, etwa, wenn es um den RBS-Tiefbahnhof in Bern geht. Bei Fragen, die sich eher auf der Achse Richtung Olten stellen, wird Solothurn mit der Metropolitanregion Zürich zusammenarbeiten.
In einem Punkt haben sich die Berner Bemühungen für die Hauptstadtregion schon ausgezahlt: Im Entwurf für ein Raumkonzept Schweiz wird Bern nun nicht mehr tiefer eingestuft, sondern mit den drei Metropolitanregionen Zürich, Basel und Genf/Lausanne «auf Augenhöhe» behandelt, wie Georg Tobler, Leiter Agglomerationspolitik im Bundesamt für Raumentwicklung, festhielt. Klar sei aber auch, so Tobler, dass die Hauptstadtregion erst noch «den Tatbeweis erbringen muss».
Das ist auch Alexander Tschäppät bewusst. Deshalb legte er gestern ein ambitioniertes Programm vor. Bis Ende dieses Jahres soll die Hauptstadtregion Schweiz «als konkretes Projekt» installiert, für die Menschen in der Region fass- und sichtbar werden. Geprüft werden etwa Kooperationsideen aus den Bereichen Verkehr, Bildung und Kultur.
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