Berlusconi verliert Abstimmung über Flüchtlingspolitik
Zum ersten Mal haben die Gefolgsleute von Berlusconi-Gegner Gianfranco Fini gegen die Regierung gestimmt. Stein des Anstosses war die geplante Zusammenarbeit mit Libyen.

Die konservative Regierung von Ministerpräsident Silvio Berlusconi hat am Dienstag eine Abstimmung im Parlament über ihre umstrittene Ausländerpolitik verloren. Die neue Fraktion von Gianfranco Fini, des Ex-Bündnispartners Berlusconis, stimmte mit der Opposition.
Dies berichteten italienische Medien. Es war das erste Mal, dass Finis Gefolgsleute im Parlament offen gegen die Regierung votierten. Mit 274 gegen 261 Stimmen setzte sich die Opposition mit einem Antrag gegen die aktuelle Zusammenarbeit mit Libyen zur Abwehr von Flüchtlingen aus Nordafrika durch.
«Die Abstimmung hat die Regierungskrise offengelegt», kommentierte der Chef der grössten Oppositionspartei PD (Demokratische Partei), Pierluigi Bersani, das Votum. Fabrizio Cicchitto von Berlusconis «Volk der Freiheit» (PdL) nannte die «Finianer» verantwortungslos.
Konkret stimmte die Opposition gegen die international schon mehrfach heftig kritisierte direkte Abschiebung von Flüchtlingen nach Libyen. Auch in einer zweiten Abstimmung, bei der es ebenfalls um die Flüchtlingspolitik ging, unterlag die Regierung.
Auch in diesem Fall waren die Stimmen der Fini-Fraktion entscheidend für den Sieg der Opposition, wie es hiess. Berlusconi hatte den ehemalige Verbündeten und Rivalen Fini Ende Juli nach 15- jähriger Partnerschaft aus der Regierungspartei PdL gedrängt.
Umberto Bossi vermittelt
Ohne die Stimmen von Finis Gruppe «Zukunft und Freiheit für Italien» (FLI) besitzt Berlusconi keine sichere Mehrheit im Parlament mehr. Fini hatte am Sonntag auf einer Tagung seiner FLI den Rücktritt des 74-Jährigen gefordert, nachdem dieser vergangene Woche erneut durch Sexskandale in die Kritik geraten war.
Berlusconi ging bisher nicht offiziell auf diese Forderung ein. Gemäss Medienberichten forderte er Fini auf, ihn im Parlament per Misstrauensvotum herauszufordern. Im Streit vermittelt nun der Chef der mitregierenden Lega Nord, Umberto Bossi. Er habe von beiden den Auftrag dazu erhalten, bestätigte Bossi am Dienstag.
Er sehe einen «Hoffnungsschimmer», allerdings dürfe es Fini «nicht zu weit treiben», warnte der Chef der rechtspopulistischen Lega Nord. Das Mandat der Regierung dauert eigentlich bis 2013. Bossis Vermittlung soll nun sicherstellen, dass die Regierung wenigstens bis zur Verabschiedung des Budgets für 2011 im Amt bleibt.
Ein möglicher Kompromiss zwischen Fini und Berlusconi könnte laut Medien die Verabschiedung eines neuen Wahlgesetzes sowie eine garantierte Solidarität der reichen Regionen insbesondere im Norden des Landes mit den armen Regionen im Süden umfassen.
«Für ein normales Italien»
Die oppositionelle Bewegung «Lila Volk» startete im Internet eine Unterschriftensammlung, um das Parlament aufzurufen, für einen Misstrauensantrag gegen Berlusconi zu stimmen. «Für ein normales Land» heisst die Petition, die bereit von über 1000 Intellektuellen, Journalisten und Künstlern unterschrieben wurde.
Der jüngste Skandal um Berlusconi dreht sich um seine Einmischung im Fall einer festgenommenen 18-jährigen Marokkanerin. Die Bekanntschaft des Regierungschefs wurde umgehend nach der Intervention Berlusconis freigelassen.
SDA/miw
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