Beim Sparen wird die Umwelt Nebensache
Optimierung über allem: Weit weniger Langenthaler Industriebetriebe als 2015 haben 2016 umweltfreundlichen Blaustrom eingekauft. Der Grossteil ist zurückgekehrt zum Strom aus nicht überprüfbaren Quellen. Dabei ist der Preisunterschied gering.

Die gute Nachricht vorab: Was die privaten Haushaltungen betrifft, so ist man im Versorgungsgebiet der IB Langenthal AG (IBL) in Sachen Stromherkunft durchaus auf guten Wegen. 95 Prozent aller Kunden haben letztes Jahr den ausschliesslich aus erneuerbaren Energien gewonnenen Blaustrom bezogen.
Das sind zwar 1 Prozent weniger als noch im Vorjahr. In absoluten Zahlen haben die Blaustrombezüger aber sogar zugelegt: 8147 waren es im letzten Jahr, und damit 22 mehr als noch 2015. Trotzdem sieht es beim effektivem Energieverbrauch ganz anders aus: Nur noch 65 Prozent betrug der Anteil des Blaustroms 2016. Das sind ganze 19 Prozent weniger als noch ein Jahr zuvor.
Die Ursache für diese Entwicklung liegt bei den Kunden mit einem Verbrauch von mehr als 100'000 kWh im Jahr. «Ausgelöst durch Kostenoptimierungen, ist bei den Industriekunden eine starke Verschiebung vom Blau- in den Graustrom aufgefallen», schreibt die IB Langenthal AG in ihrem Geschäftsbericht 2016.
Stefan Schaad-Meer, Leiter Vertrieb und Mitglied der Geschäftsleitung, bestätigt: Zwar gebe es sie noch, die Unternehmen, die aus einer Grundhaltung heraus beim Blaustrom geblieben seien. Waren es 2015 noch mehr als drei Viertel aller gut 5 Dutzend Industriebetriebe, ist ihr Anteil inzwischen auf unter 50 Prozent gesunken.
Die grosse Mehrheit der Unternehmen indes ist zum aus nicht überprüfbaren Energieträgern gewonnenen Graustrom zurückgekehrt. Allen voran eine Mehrheit der Grosskunden mit einem jährlichen Verbrauch von mehr als 1 GWh. Der Grund liege auf der Hand, erklärt Schaad: «Sowohl die Grossindustriellen als auch die KMU müssen ihre Kosten knallhart optimieren.»
0,3 Rappen pro kWh
Es sind allerdings nicht gerade Unsummen, die die Unternehmen mit Graustrom einsparen. 0,2 Rappen pro kWh betrug die Preisdifferenz zum Blaustrom 2015. Letztes Jahr waren es 0,3 Rappen pro kWh. Bei einem Verbrauch von 100'000 kWh macht das gerade einmal 300 Franken im Jahr aus. Bei 1 GWh wären es 3000 Franken. Ein durchschnittlicher Betrieb, erklärt Schaad, beziehe rund 500'000 kWh Strom. Bei den grössten ihrer Kunden seien es rund 4 bis 6 GWh.
«Es ist natürlich eine unschöne Entwicklung, die da stattfindet», sagt SP-Gemeinderat Pierre Masson, Ressortverantwortlicher Versorgung und Entsorgung, Energie und Umweltschutz und in dieser Funktion zugleich Mitglied des IBL-Verwaltungsrats. Dass die Unternehmen wirtschaftliche Überlegungen anstellen, sei verständlich. Gerade angesichts der verhältnismässig geringen Kosteneinsparung sei die Abkehr vom umweltfreundlicheren Stromprodukt für ihn trotzdem nur schwer nachvollziehbar.
Kaum Möglichkeiten
Die Stadt selber setzt bereits seit der Einführung der unterschiedlichen Stromprodukte im Jahr 2014 ausschliesslich auf Blaustrom. Mit Förderprogrammen und Anreizsystemen versuche man, auch Private dazu zu bringen, sich wenigstens Gedanken zu machen über die Herkunft ihres Stroms, verweist Masson etwa auf den Gebäudeenergieausweis der Kantone.
Was die Industrie betrifft, so fehle es der Stadt aber insbesondere beim Strombezug an Instrumenten zur Einflussnahme. Mehr Möglichkeiten, erklärt der Gemeinderat, hätten Politik und Behörden beim Gesamtenergieverbrauch. Das werde auch bei der aktuellen Erarbeitung des Gesamtenergierichtplans berücksichtigt, indem neben Vertretern der Fraktionen bewusst auch die wichtigen Player der Industrie in die Diskussion miteinbezogen würden. Dabei gehe es allerdings vor allem um die Frage, wie vorhandene Energien wie die Abwärme oder das Grundwasser besser genutzt werden könnten.
Dieser Artikel wurde automatisch aus unserem alten Redaktionssystem auf unsere neue Website importiert. Falls Sie auf Darstellungsfehler stossen, bitten wir um Verständnis und einen Hinweis: community-feedback@tamedia.ch