Bedingte Strafe und Hoffnung
Die Vergehen eines heute 26-jährigen Obersimmentalers hatte das Kreisgericht Saanen vorgestern und gestern zu beurteilen. Es verhängte eine bedingte Geldstrafe – die Richter und Richterinnen setzen auf den jungen Mann.
«Das Kreisgericht hofft und rechnet damit, dass Sie auf guten Wegen sind und ein anständiges Leben ausserhalb der Drogenszene führen. Deshalb wird trotz Gewinn aus Drogenverkäufen auf eine Ersatzforderung verzichtet.» Eindringlich wandte sich gestern Nachmittag Gerichtspräsident Peter Hänni bei der Eröffnung des Urteils an den eben Verurteilten. Der 26-Jährige hatte sich vor dem Kreisgericht Saanen wegen Drogendelikten zu verantworten. Die nach zwei Gerichtstagen auferlegte bedingte Strafe: 240 Tagessätze zu 100 Franken bei einer Probezeit von zwei Jahren. Zudem muss er 6500 Franken Verfahrenskosten übernehmen. Die Rechnung des amtlichen Verteidigers von 13000 Franken wird fällig, wenn der Obersimmentaler nächstens vermögend wird. Gemäss dem Bundesgericht sei eine Geldstrafe milder als acht Monate Freiheitsstrafe oder das Leben mit einer Fussfessel, hatte Gerichtspräsident Hänni erklärt. Die Delikte Verurteilt wurde der Mann, weil das Kreisgericht Saanen es als erwiesen erachtet, dass der bei zwei Pflegefamilien aufgewachsene junge Mann in den Jahren 2003 und 2004 44 Gramm Kokaingemisch, Amphetamine und Ecstasy gekauft, konsumiert und verkauft hatte. «Rechnet man mit einem Reinheitsgehalt von rund einem Drittel, ist die Menge gering und juristisch eine einfache Verletzung des Betäubungsmittelgesetzes», führte der Gerichtspräsident aus. «Sie haben Glück», wies er auf die für den jungen Mann «glücklichen Umstände» wie Verjährung nach sieben Jahren und Aussagen von Zeugen hin. Deren Aussagen hatte das Gericht mehr Glauben geschenkt als jenen des Angeklagten. «Übereinstimmend haben diese gewisse Details geschildert», begründete Hänni. So habe nicht nur ein Zeuge geschildert, dass der Angeklagte sie auch während seines Militärdiensts mit Drogen versorgt habe. Auch habe der Angeklagte bei den ersten Einvernahmen andere Aussagen gemacht als später beim Wissen um die Auskünfte, die zum Beispiel sein Mitbewohner der Polizei und dem Untersuchungsrichter gegeben habe. Die Verteidigung Fürsprecher Michele Naef hatte als Pflichtverteidiger hervorgehoben, dass der wegen Widerhandlungen gegen das Betäubungsmittelgesetz Angeklagte eine schwierige Kindheit erlebt hatte: als 4-jähriger Bub im Kinderheim; in zwei Pflegefamilien aufgewachsen, kein Kontakt zur Mutter; der Vater früh verstorben; eine abgebrochene Lehre sowie Umgang in der Techno- und Drogenszene. Nun aber sei das Leben des Angeklagten konstant, dies würden Zeugnisse sowie seine Stellung im Beruf beweisen. Fürsprecher Naef hatte auch die Beweismittel als unzuverlässig und die Zeugenaussagen als widersprüchlich eingestuft. Insgesamt sei das Verschulden nicht hoch. Der Mann habe die Taten als 20-Jähriger begangen, heute sei er reuig. Der Pflichtverteidiger beantragte eine Geldstrafe von 40 Tagessätzen zu 65 Franken bei einer Probezeit von zwei Jahren. Zudem müsse der Kanton je einen Viertel der Verfahrens- und der Anwaltskosten übernehmen. Ruth Oehrli >
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