
Es ist sehr erfreulich, dass nach langem Wegschauen und Kleinreden nun auch Economiesuisse anerkennt, dass Solarstrom entscheidend für die Gewährleistung der Versorgungssicherheit sein wird. Richtig ist auch, dass auf geeigneten Dächern jährlich über 50 TWh Solarstrom produziert werden könnten. (Lesen Sie den Gastkommentar von Christoph Mäder.)
Hinzu kommt noch das Potenzial auf Fassaden von 18 TWh/Jahr und auf geeigneten Infrastrukturen (Autobahnen, Parkplätze etc.) von mehr als 10 TWh – insgesamt kann so mit rund 80 TWh schon heute deutlich mehr Strom produziert werden, als wir verbrauchen. Swissolar rechnet lediglich mit 46 TWh bis 2050, ein vernünftiges Ziel.
Besitzer privater und gewerblicher Gebäude wollen dieses Potenzial nutzen: Letztes Jahr ist der Solarzubau um fast 50 Prozent gegenüber dem Vorjahr gewachsen. Zum Vergleich: Die Solarbranche baut aktuell jedes Jahr viermal mehr Stromproduktion dazu (> 600 GWh), als das viel zitierte – und aus unserer Sicht für die Energiewende ebenfalls notwendige – Triftkraftwerk (145 GWh) nach jahrelangen Diskussionen, Bewilligungsmarathons und Bauzeiten jährlich produzieren wird.
Solarstrom wird in wenigen Jahren einen namhaften Anteil des jährlichen Strombedarfs liefern. Dies dort, wo er auch verbraucht wird – in und an Gebäuden, welche künftig auch die «Tankstellen» der Elektromobilität sein werden. Auch da: Der Boom und das Speicher- und Lastpotenzial der Elektromobilität werden massiv unterschätzt. Bald schon wird bidirektionales Laden zum Standard, wodurch Elektrofahrzeuge zu temporären Stromspeichern und Stromnetzstabilisatoren werden. Das bestätigen auch namhafte Unternehmen der Autobranche.
Solarenergie liefert zwei Drittel der Energie im Sommer und ein Drittel im Winter.
Zurück zur Solarenergie: Ja, es braucht eine faire minimale Abnahmevergütung. Es herrscht in der Schweiz ein unübersichtlicher Flickenteppich, der bereinigt werden muss. Und richtig: Auch alpine Solaranlagen werden eine Rolle spielen. Aus unserer Sicht stehen dabei jene Gebiete im Vordergrund, in denen bereits Infrastrukturen gebaut wurden oder in der Nähe sind, etwa rund um Stauseen oder in Skigebieten. Um solche Gebiete nutzen zu können, braucht es rasch Anpassungen im Raumplanungsrecht.
Solarenergie liefert zwei Drittel der Energie im Sommer und ein Drittel im Winter. Eine Stromlücke ist laut Elcom im späten Winter (März) zu erwarten, wenn die Speicherseen leer sind. Also dann, wenn Solaranlagen bereits wieder im Hochbetrieb sind. Ein rascher Fotovoltaikausbau ist deshalb auch ein wesentlicher Pfeiler einer sicheren Winterstromversorgung, sinnvoll ergänzt mit Strom aus Wasserkraft, Wind und Biomasse.
Auch längerfristig trägt die Solarenergie zum Netto-null-Ziel bei.
Daneben gibt es anstelle der vorgeschlagenen Gaskraftwerke weitere intelligentere und günstigere Massnahmen gegen die Winterlücke: Das Potenzial von dezentralen, mit erneuerbarem Gas betriebenen Wärme-Kraft-Kopplungsanlagen und von dauerhaften und temporären Verbrauchssenkungen wird noch viel zu wenig genutzt. Besonders wirksam wäre auch ein Stromabkommen mit der EU, wo in absehbarer Zeit grosse Mengen Winterstrom zur Verfügung stehen werden. Neben dem Bundesrat steckt offenbar auch Economiesuisse bei diesem Thema den Kopf in den Sand und erwähnt diese naheliegenden Lösungen nicht.
Auch längerfristig trägt die Solarenergie zum Netto-null-Ziel bei. Überschüsse aus dem Sommer lassen sich in Form von Wasserstoff und weiteren Substanzen für den Winter speichern. Sehr effizient lässt sich auch solare Wärme für den winterlichen Betrieb der Heizungen speichern, wie dies etwa in Dänemark getan wird.
Eine neue Studie des Forums Energiespeicher Schweiz weist der saisonalen Speicherung ein Wintersparpotenzial von 3 TWh zu. Alle diese Verfahren werden laufend günstiger und effizienter – wir rufen Economiesuisse auf, mehr Vertrauen in die Innovationskraft der Schweizer Wirtschaft zu haben. Wir freuen uns auf eine verstärkte Zusammenarbeit!
Jürg Grossen ist Nationalrat und Präsident des Fachverbands Swissolar. Gianni Operto ist Präsident der Dachorganisation der Wirtschaft für erneuerbare Energien und Energieeffizienz AEE Suisse.
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Gastkommentar zur Solarenergie – Bedenkenträger reden Schatten herbei
Der Präsident von Economiesuisse schildert einen Konflikt, den es nicht gibt. Solarenergie hat das grösste Zubaupotenzial, geniesst breite Akzeptanz und muss rasch ausgebaut werden. Eine Replik.