Baustelle Post: Avenir Suisse schlägt Alarm
Der Thinktank hat einen Reform-Plan vorgelegt, wie das Unternehmen zukunftsfähig werden soll.

Laut Avenir Suisse droht die Post zu einem Sanierungsfall zu verkommen, falls keine Reformen eingeleitet werden. In einem veröffentlichten Forschungspapier will der Think Tank aufzeigen, warum und wie das Geschäftsmodell der Schweizerischen Post nachhaltig erneuert werden sollte. Der mit der Studie beauftragte Wettbewerbsökonom Samuel Rutz erachtet in allen drei Geschäftssparten der Post (Briefe, Postfinance und Postauto) umfassende Reformen als notwendig.
1. Die Post als Risiko für den Steuerzahler
Die Schweizerische Post wird zur Zielscheibe für die liberale Denkfabrik Avenir Suisse. In einer Studie schlägt Ökonom Rutz Alarm und fordert die Privatisierung der Post, nachdem der Mitte März publizierte Konzerngewinn des Staatsbetrieb mit 405 Millionen Franken um 122 Millionen Franken unter dem Vorjahreswert gelegen hat. Solle die Post nicht zu einem kostspieligen, vom Steuerzahler zu berappenden Sanierungsfall werden, sei Handlungsbedarf geboten, warnt Avenir Suisse. Der Studienverfasser glaubt an effizientere Wege, um die Versorgung der Bevölkerung sicherzustellen, und sieht keine Notwendigkeit, dass der Staat zur Sicherstellung des Service public gebraucht wird.
2. Google und Co. als Konkurrenz für die Briefpost
Die Analyse klingt ernüchternd: Im Postsektor leistet sich die Schweiz eine Grundversorgung, die jährlich 350 bis 400 Millionen Franken kostet, obwohl immer weniger Briefe versandt werden. Eine Luxuslösung, wie Avenir Suisse festhält. Seit Beginn der 2000er-Jahre wird hierzulande rund ein Drittel weniger Briefe versandt. In anderen Ländern in Europa ist der Wert sogar um die Hälfte eingebrochen. E-Mail, Messenger Services wie Whatsapp und SMS ersetzen die traditionellen Kommunikationsmittel. Der Trend bewirkt laut Studienverfasser, dass Google, Facebook und Co. zunehmend zu Konkurrenten der Post werden. «Die Post ist im Bereich der Grundversorgung nach wie vor in einem starren Regulierungskorsett verhaftet», heisst es in der Studie. Konkret: Der Bundesrat als Eigner erwartet von der Post, dass beispielsweise Poststellen oder Filialen für 90 Prozent der Bevölkerung innerhalb von 20 Minuten zu Fuss oder mit öffentlichen Verkehrsmitteln erreichbar sein müssen. Die Poststellen sind dabei für ein dickes Minus verantwortlich. Die Schlussfolgerung: Avenir Suisse fordert nun eine Reduzierung der Vorgaben und eine Abschaffung des Restmonopols der Post auf Briefe bis 50 Gramm Gewicht. Zugleich will die Denkfabrik eine öffentliche Ausschreibung der Grundversorgung – technologieneutral, also ohne Festlegung auf Briefe in Papierform. Das würde die Post unter Wettbewerbsdruck setzen, selbst wenn sie den Auftrag bekäme.
3. Der Paketmarkt bringt keine Rettung
Der Paketmarkt wächst, aber das ist laut Avenir Suisse auch die einzig gute Nachricht: Im Gegensatz zum Briefmarkt nahm das Volumen der versandten Pakete in den letzten Jahren kontinuierlich zu, im vergangenen Jahr noch einmal um fast sieben Prozent auf 138 Millionen. Damit fliesst mehr Geld durch die Kassen der Logistikeinheit Postlogistics. Allerdings dürfte das auf Dauer nicht helfen: Der vollständig liberalisierte Paketmarkt wird laut Avenir Suisse zunehmend kompetitiver, was den Druck auf das Resultat erhöht. «Unrealistisch wäre es deshalb, darauf zu hoffen, dass der künftige Gewinnrückgang im Briefmarkt durch die positive Mengenentwicklung im Paketmarkt aufgefangen werden kann.» Zudem hatte beispielsweise DHL, die Logistiktochter der Deutschen Post, im vergangenen Jahr angekündigt, ein umfassendes Abholstellennetz in der Schweiz aufbauen zu wollen – und damit auch alle Haushalte und nicht nur Unternehmen bedienen zu wollen. Neue Konkurrenz, die die Post zu spüren bekommen dürfte.
4. Die Gewinn der Postfinance stehen unter Druck
Die Postfinance zählt 2,9 Millionen Kunden und tätigt jährlich rund 1,1 Milliarden Transaktionen im In- und Ausland, was rund 3 Millionen Transaktionen am Tag entspricht, wie Avenir Suisse vorrechnet. Damit beläuft sich der Marktanteil von Postfinance im Zahlungsverkehrsmarkt auf gut 60 Prozent. Der Zahlungsverkehr wäre aber auch nicht gefährdet, wenn die Postfinance den Auftrag zur Grundversorgung nicht mehr hätte, heisst es in der Studie. Der Auftrag sei ein Kind aus einer anderen Zeit. Jahrelang konnte sich die Post auf ihre Tochter als zuverlässige Lieferantin hoher Gewinne verlassen. Dass es finanziell bei der Postfinance angesichts der tiefen Zinsen nicht zum Besten bestellt sei, zeige aber nun unter anderem der angekündigte Abbau von 500 Arbeitsplätzen im vergangenen Sommer. Das Betriebsergebnis ist 2018 auf 220 Millionen Franken zurückgegangen. 2017 waren es noch 549 Millionen Franken. Im Niedrigzinsumfeld leide die Postfinance auch unter dem Kredit- und Hypothekarverbot. Die Bank sollte in eine privatrechtliche Aktiengesellschaft überführt werden und die Schweizerische Post anschliessend ihre Aktienmehrheit aufgeben, folgert Avenir Suisse.
5. Die Postauto AG als Sonderfall
«Der Staat als Busunternehmer», titelt Avenir Suisse süffisant und sieht die Post nicht in der Rolle, die Postauto AG weiter zu betreiben. Ausser in der Schweiz gibt es demnach weltweit keine Post mehr, die ein Busunternehmen ihr Eigen nennt. Der Postauto-Skandal habe illustriert, welche Risiken für den Staat und die Steuerzahler damit verbunden seien. Auch die Postauto AG, die keinen Grundversorgungsauftrag hat, sollte privatisiert und verkauft werden – und das Gewinnverbot im regionalen Personenverkehr überprüft werden, damit der Wettbewerb auch spielen kann.
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