Barroso geht auf Konfrontationskurs
José Manuel Barroso hat die Debatte um Eurobonds angeheizt: Sarkozys und Merkels Plan für eine Wirtschaftsregierung lehnt er ab. Dem EU-Kommissionschef schwebt ganz anderes vor.
Während die deutsche Bundeskanzlerin Angela Merkel und der französische Staatschef Nicolas Sarkozy eine Wirtschaftsregierung aufbauen wollen, die von den Mitgliedsstaaten gesteuert wird, kämpft EU-Kommissionspräsident José Manuel Barroso um den Einfluss der EU-Institutionen, also von Kommission und EU-Parlament.
«Ein System, das auf reiner Zusammenarbeit der Regierungen gründet, hat in der Vergangenheit nicht funktioniert und wird auch in Zukunft nicht funktionieren», zürnte er vor dem EU-Parlament in Strassburg. Sogar dem Gebot der Einstimmigkeit sagte Barroso den Kampf an. «Wenn ein Mitgliedsstaat Entscheidungen blockieren kann, dann sind wir nicht glaubwürdig.» Was der Kommissionschef konkret vorhat, will er Ende September in einer Rede zur Lage der Union verkünden.
Kritik an Eurobonds-Plänen
Barroso kündigte weiter an, in Kürze Wege zur Einführung gemeinsamer Schuldtitel aufzuzeigen. Und er betonte, einige Möglichkeiten dafür liessen sich sogar ohne Änderung der europäischen Verträge verwirklichen. Zwar erhielt er im Parlament Rückendeckung von Liberalen, Grünen und Sozialdemokraten. Ein Sprecher des deutschen Finanzministers Wolfgang Schäuble wies den Vorstoss aber scharf zurück. Eurobonds seien «in der gegenwärtigen rechtlichen Situation der Eurozone nicht hilfreich», sagte Schäuble-Sprecher Martin Kotthaus in Berlin.
Barroso erkennt die Schwierigkeit zwar an. Schuldscheine der Euroländer würden «keine sofortige Lösung für alle Probleme» bringen, sagte er. Und sie seien kein Ersatz dafür, dass Griechenland seine Sparaufgaben erledige und dass die Wirtschaftspolitik enger verzahnt werde. Doch geht es nach dem Kommissionschef, dann soll beides gleichzeitig erreicht werden. Er rief vor den Parlamentariern zu einem «Verbündungsmoment» für eine europäische Wirtschaftsregierung auf, die zu solidem Haushalten und Wachstum gleichermassen führe.
Besondere Unterstützung für seine Eurobonds-Initiative erhielt Barros vom Fraktionschef der europäischen Liberalen, Guy Verhofstadt. «Wir brauchen einen europäischen Anleihenmarkt, denn die Europäische Zentralbank kann nicht länger Schuldscheine von Wackelkandidaten kaufen», sagte der Belgier. Derzeit sei der Bonds-Markt in Europa blockiert, weil europäische Banken, Pensionsfonds oder andere institutionelle Anleger den Staaten keine Anleihen mehr abkauften.
Die deutsche FDP kassiert Schelte
«Die Realität ist, dass wir von den Ersparnissen in Lateinamerika und China abhängig sind», sagte Liberalen-Chef Verhofstadt. Geändert werden könne dies nur durch einen europäischen Anleihenmarkt. «Wir haben die Wahl, Deutschland hat die Wahl, die FDP hat die Wahl», sagte er unter dem Beifall des Plenums gezielt an die Berliner Kollegen aus seinem politischen Lager gerichtet. «Wir können nicht bis zum Ende des Jahres warten.»
Der deutsche Wirtschaftsminister Philipp Rösler hält jedoch an seinem Kurs fest. Erneut sprach er sich vehement gegen Eurobonds aus: «Sie sind nicht im deutschen Interesse und mit uns nicht machbar», sagte er in Rom nach einem Gespräch mit dem italienischen Finanzminister Giulio Tremonti. Aus Teilnehmerkreisen verlautete, Tremonti habe sich ebenso vehement für Eurobonds ausgesprochen.
Nach Ansicht von Rösler würden Eurobonds das Zinsrisiko «wegnehmen», das dazu anhalte, «dass man sich um seriöse Staatshaushalte kümmert». Die deutsche Regierung werde keine Vergemeinschaftung der Schulden in Europa akzeptieren. Ausserdem habe das Bundesverfassungsgericht jüngst Eurobonds ausgeschlossen wegen einer Haftungsübernahme für die Schulden anderer Länder.
«Dramatische soziale und politische Kosten»
Auch EU-Währungskommissar Olli Rehn wandte sich indirekt an die FDP, die einen Ausstieg Griechenlands aus der Währungsunion für eine Möglichkeit zur Euro-Rettung hält: «Da muss ich scharf widersprechen», sagte Rehn in Strassburg. «Weder Griechenland noch der Eurozone wäre mit einem Ausstieg geholfen.» Eine Pleite Athens hätte «dramatische soziale und politische Kosten». Und nicht nur für das Land, «sondern auch für alle anderen Euro- und EU-Mitgliedsstaaten und für unsere globalen Partner».
dapd/jak
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