Bagger schaufeln der Aare den Weg frei
Ein Lastwagen nach dem anderen verlässt zurzeit das Berner Schwellenmätteli. Die Kiesentnahme dient dem Hochwasserschutz. Eine Arbeit, die immer häufiger nötig wird.
Dick eingepackt steht Silvia Hunkeler mitten im Aarebecken des Berner Schwellenmätteli. Eine dicke Kiesschicht trennt ihre Füsse vom eisigen Aarewasser: Die Projektleiterin Wasserbau des kantonalen Tiefbauamts steht auf der Baupiste, die angelegt wurde und etliche Meter auf den Fluss herausragt.
Zu ihrer linken Seite brummt ein Bagger vor sich hin und fischt eine Ladung Kies nach der anderen aus dem Wasser. Auf der rechten Seite steht ein Radlader, dessen Schaufel ebenfalls mit lauter kleinen, grauen Steinen gefüllt ist, und wartet.
Seit November läuft die Kiesentnahme im Berner Schwellenmätteli. Immer wieder rücken die Baumaschinen hier an, um mehrere Tausend Kubikmeter Kies aus dem grossen Aarebecken zu fischen – «aus Gründen des Hochwasserschutzes», erklärt Hunkeler. Würde sich das Kies nämlich weiter unten ablagern, könnte es im Mattequartier und im Altenberg zu Überschwemmungen kommen.
Wann der Kanton den Kies entnimmt, ist unterschiedlich und hängt ganz von der Menge ab, die am Grund des Beckens liegt: «Um das herauszufinden, lassen wir jedes Jahr eine Sohlenmessung durchführen.» Das letzte Mal schritt der Kanton im Winter 2015 zur Tat.
Dass nun, bereits drei Jahre später, wieder geschaufelt wird, sei aber ungewöhnlich. Normalerweise vergingen bis zu fünf Jahre. «Im Sommer 2016 führte die Aare aber sehr viel Wasser», meint Hunkeler, «entsprechend viel Kraft hatte sie, um die Sedimente am Grund nach Bern zu bringen.»
Von der Aare, für die Aare
Nach einigen Minuten rollt einer der grossen, weissen Lastwagen heran. Silvia Hunkeler muss kurzzeitig auf einen der kleineren Kieshaufen ausweichen, damit das Gefährt die Kurve schlagen und vor dem Radlader zum Stehen kommen kann.
Dessen Fahrer legt den Hebel um, und mit lautem Donnern fallen die Steine in die Ladefläche. Kurz darauf ist der weisse Riese bereits wieder hinter dem Restaurant Schwellenmätteli verschwunden.
Heute sind es lediglich sechs Lastwagen, die das Kies von der Aare abtransportieren. «Es gab Tage, da waren wir mit fast 20 Fahrzeugen an der Arbeit», schildert Hunkeler. Jeder Wagen fasst etwa 15 Kubikmeter Kies. Insgesamt werden dem Aarebecken rund 35'000 Kubikmeter entnommen – was über 230'000 Badewannen entspricht.
Die grösste Menge wird von der Marti-Gruppe, die sich den Auftrag heuer sichern konnte, auf ihren restlichen Baustellen verwendet. Die heutige Ladung etwa landet nicht weit entfernt, im Warmbächli, wo Wohn- und Gewerberäume entstehen sollen. Ein anderer Teil der Menge beansprucht der Kanton für sich – etwa um weitere Baupisten für andere Projekte an der Aare aufzuschütten.
Und ein kleiner Bruchteil der Menge – etwa 3500 Kubikmeter – gab man der Aare wieder zurück. Getreu der Auflage des Fischereiverbandes wurde der Kies auf der Höhe Wylerholz wieder in die Aare geschüttet. «Dort dient er den Fischen als Lebensraum und Laichplatz», sagt Silvia Hunkeler und zieht, zum Schutz vor dem kalten Wind, die Jacke etwas enger um sich.
Die kühlen Temperaturen, die aktuell herrschen, mögen für den Menschen zwar ärgerlich sein. Den Arbeiten im Schwellenmätteli kommen sie jedoch zugute. Denn: Wenn es kalt ist, fällt kein Regen, sondern Schnee. Und die Aare führt entsprechend weniger Wasser mit sich.
Ein spezieller Winter
Dass ein zu hoher Wasserstand für die Arbeiten fatal sein kann, zeigte sich diesen Januar: Wegen Hochwasser musste die Entnahme des Kieses zwei Wochen ausgesetzt werden. Die Landzunge aus Kies, auf der Hunkeler nun steht, wurde komplett unter Wasser gesetzt.
Hinzu kam dann das Sturmtief Burglind, welches den Pegel ebenfalls ansteigen liess. Eine weitere Woche konnte nicht gearbeitet werden. «Es war schon ein spezieller Winter», sinniert Hunkeler.
Neu ist das Vorgehen nicht: Seit etwa 15 Jahren wird dem Schwellenmätteli Kies entnommen. Anfangs war dies aber nur selten nötig – in den 90er-Jahren gab es gar eine längere Periode, in der die Baumaschinen gar nie anrücken mussten.
Von Klimaerwärmung will Hunkeler zwar nicht sprechen, aber sie gibt zu: «In den letzten Jahren gab es deutlich mehr Sommer, in denen die Aare viel Wasser mit sich brachte.»
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