Bäckerpaar wehrt sich erfolgreich
WabernInes und Andreas Röthlisberger haben 1,2 Millionen Franken in ihre neue Bäckerei im Benteli-Areal investiert. Ihr Hauptkunde, das Inselspital, liess sie trotzdem fallen. Doch das Ehepaar wehrte sich und bekam recht.
Bis 2008 standen hier Druckmaschinen, jetzt sind es Backöfen. Im vier Meter hohen Erdgeschoss des ehemaligen Benteli-Verlags riechts nach Mehl, Teig und Frischgebackenem. Im 600 Quadratmeter grossen weissen Produktionsraum drehen Mitarbeiter von Ines (47) und Andreas Röthlisberger (49) Nussgipfel, füllen Sandwiches, formen Brote. Die Handarbeit wird unterstützt durch computergesteuerte Öfen, Mess- und Kühlgeräte, die an den Wänden in Reih und Glied stehen. Neben der modernen Backstube befindet sich der Laden mit Bistro, der seit 17.Dezember Kunden empfängt. Weil die beiden Räume nur durch eine Glasscheibe getrennt sind, können die Gäste den Bäckern bei der Arbeit zusehen. Der Laden ist in provenzalischem Ambiente gehalten: Eine Wand zeigt Lavendelfelder und ein Dorf am Meer, die Decke ist mit Bambusrohren überzogen. Nach Ferien war Röthlisbergers aber nicht zumute, als sie die Produktion von Bern hierher an die Seftigenstrasse in Kleinwabern verlegten. Denn mitten in der Bauphase erhielt das Ehepaar dicke Post vom Insel-Management: Das Lieferverhältnis werde gekündigt. Auch die zwei Bäckereien Dubi aus Bremgarten und Staub aus Wabern sollten von der Insel nicht mehr berücksichtigt werden. Das Spital zog die Industriebäckereien Fredy's Backwaren AG in Baden und der Jowa-Filiale in Zollikofen als neue Partner vor (wir berichteten). Röthlisbergers beliefern das Spital seit acht Jahren mit Ruchbrot für die Patienten und mit Backwaren für die Restaurants. Es ist ihr grösster Auftrag. Genaue Zahlen nennen sie zwar nicht, aber er bringe einen Sechstel des Umsatzes ein. Insgesamt bezieht das Inselspital jährlich Backwaren im Wert von rund 1 Million Franken. Insel wusste vom Ausbau Das wollte das initiative Berner Bäckerpaar nicht schlucken. Denn Ines und Andreas Röthlisberger hatten 1,2 Millionen Franken in den Ausbau in Wabern investiert. Und der Auftrag mit dem Inselspital war mit ein Grund für diesen Schritt. Das Spital habe ein Interesse daran gezeigt, dass die drei Bäckereien rationeller und günstiger werden. «Wir hatten die zuständigen Chefs am Inselspital über den Stand der Arbeiten in Wabern auf dem Laufenden gehalten», erzählt die Gewerblerin. Die neue Produktionsbetrieb hätten sie zwar auch ohne Insel-Grossauftrag eingerichtet, sagt sie. Und in den Ausbau der Informatik wollen sie so oder so investieren. Doch sie habe nicht damit gerechnet, gleich in der aufwendigen Aufbauphase einen Grosskunden zu verlieren. «Ungleiche Chancen» Das Unverständnis über den Entscheid war gross. Zumal der Preis der Backwaren bei der Bewerbung nur zu 40 Prozent eine Rolle gespielt habe. In die Waagschale geworfen hat das Spital dafür auch für den Konsumenten unsinnig erscheinende Faktoren. Zum Beispiel stieg in der Gunst, wer über eine sogenannte SAP-kompatible Unternehmenssoftware verfügt. Oder wer einen monatlichen Newsletter herausgibt. «Da wurde eine Chancengleichheit zwischen Klein- und Grossbetrieb verunmöglicht», sagt Ines Röthlisberger. Mithilfe des Bäckermeisterverbands reichten die drei Betriebe Beschwerde ein – und bekamen letzte Woche recht (siehe Kasten). «Die Willkür hat doch nicht gesiegt», kommentieren Röthlisbergers, die ihre Brote und anderen Backwaren nun weiterhin liefern. Falls das Inselspital den Auftrag tatsächlich neu ausschreibt, werden sie sich wieder bewerben und das 50 Seiten dicke Dossier erneut ausfüllen. «Als Arbeitgeber aus der Region fühlen wir uns verpflichtet, uns zu wehren», sagt Ines Röthlisberger, «zumal es ja hier um einen Auftrag der öffentlichen Hand geht.» Ohne Ausbau kein Brot Trotz der Erfahrung glaubt das Bäckerpaar, dass lokale Anbieter auf dem Markt gute Chancen haben: «Die Kunden wollen wissen, woher ihr Brot kommt.» Als Familienbetrieb seien sie zudem sehr flexibel. Gerade diese Woche rief eine Abteilung des Inselspitals um 7.30 Uhr Röthlisbergers um Hilfe, die Bestellung war vergessen gegangen. Eine halbe Stunde später hatte sie die Ware. Naiv sind Ines und Andreas Röthlisberger nicht. Eine gewerbliche Bäckerei, die nicht laufend modernisiert, habe kaum eine Überlebenschance: «Ein solcher Betrieb findet keinen Nachfolger. » Es ist noch offen, ob ihre beiden 17- und 13-jährigen Töchter Röthlisbergers einmal ablösen werden. Daher haben sie mit dem Ausbau schon mal vorgesorgt. Katharina Merkle >
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