Bachwochen italienisch eingeweiht
Zur Eröffnung der Thuner Bachwochen standen am Samstag italienische Vorbilder von Johann Sebastian Bach im Mittelpunkt: ein Konzert mit berührender barocker Musik.

«Schon beim Schatten eines Zweifels büsst meine dauerhafte Neigung von ihrer Zuversicht viel ein und schenkt weiblicher Verlockung nicht länger so viel Glauben», heisst es in der Vivaldi-Kantate «All'ombra di sospetto» vielsagend. Themen wie Liebeswirrwarr, gut und böse, richtig oder falsch spielten in der barocken Musik eine wichtige Rolle. Die Menschen nahmen ihre Welt als gegensätzlich und widersprüchlich wahr und zeigten sich hin und her gerissen zwischen den Gegensätzen aus Leben und Tod, Spiel und Ernst, Ewigkeit und Zeit, Erotik und Tugend. Die Allwissenheit der Kirche geriet angesichts immer wieder ausbrechender Pestepidemien ins Wanken. Dass Gott den Dreissigjährigen Krieg wollte, konnten auch nicht mehr alle recht glauben. Da mussten noch andere Kräfte walten.
Zum Start der Wochen zu «Bach und Italien» entführten die Akademie für Alte Musik Berlin (Akamus) und die Sopranistin Robin Johannsen rund 400 Klassikfans in der Thuner Stadtkirche ins 17. und 18. Jahrhundert mit Werken von Alessandro Scarlatti, Antonio Vivaldi, Giovanni Battista Pergolesi und Johann Sebastian Bach.
Musikalische Zeitreise
Das Ensemble Akamus ist ein viel gefragter Gast auf den wichtigen europäischen und internationalen Konzertpodien. Tourneen führen das Orchester regelmässig in die USA und nach Asien. Im Kulturleben Berlins bildet das Ensemble einen zentralen Pfeiler. Durch die hohe Qualität der musizierenden Bernhard Forck (Konzertmeister, 1. Violine), Dörte Wetzel (2. Violine), Sabine Fehlandt (Viola), Katharina Litschig (Cello), Walter Rumer (Kontrabass) und Michael Dücker (Laute) fühlte sich das Publikum auf musikalische Zeitreise geschickt. Cembalist Raphael Alpermann verstand es, mit mehreren Sätzen aus der Sinfonia von Johann Sebastian Bach sein Publikum zu fesseln, das ihn mit lebhaftem Beifall bestätigte.
Die im Barock als Soloinstrument verehrte Blockflöte wurde später von der Traversflöte ersetzt. Beide Instrumente spielte Leonard Schelb mit virtuoser Eleganz als brillierende Stimme, die zum grossen Ganzen gehörte. Als Fixstern des barocken Abends erwies sich zweifellos die Sopranistin Robin Johannsen. Sie verstand es, mit ihrem herrlich warmen Sopran die anspruchsvollsten Koloraturpassagen zu einem Hörerlebnis zu machen. Wie strahlend und triumphierend «Scheide denn und lass uns in Schmerz und mit wehem Herzen zurück» in einer Bach-Kantate klingen kann, führte die amerikanische Künstlerin mit Bravour vor. Zu Herzen ging das «Vidit suum» aus «Stabat Mater» von Giovanni Battista Pergolesi in Reinfassung als letzte Zugabe, das zuvor in einer Bearbeitung für die Mittelstimme der Bratsche von Bach erklungen war. Die schlichte Schönheit der Urfassung von Pergolesi entliess das erfüllte Publikum in die Sommernacht.
Radio SRF 2 Kultur hat das Konzert aufgezeichnet und sendet es am 8. Oktober ab 22 Uhr. Das zweite von neun Konzerten der Thuner Bachwochen 2019 findet am 24. August unter dem Titel «Musik und Wort» ab 18.30 Uhr in der Stadtkirche statt. Gespielt wird die Kantate «Herr, deine Augen sehen nach dem Glauben» von der J.-S.-Bach-Stiftung St. Gallen zweimal, dazwischen Reflexionen von Schriftsteller Lukas Bärfuss. Zuvor musikalische Werkeinführung (Rudolf Lutz). Tickets: www.bachwochen.ch
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