Syrien für Giftgasangriff verantwortlich
UN-Ermittler haben erstmals die syrische Regierung für den Giftgasangriff in Khan Sheikhoun verantwortlich gemacht. Bei der Attacke starben über 80 Menschen.
Die schwere Giftgasattacke im April in Syrien mit über 80 toten Zivilisten und fast 300 Verletzten ist von der syrischen Luftwaffe durchgeführt worden. Zu diesem Schluss kommt der heute in Genf publizierte Bericht der unabhängigen UNO-Untersuchungskommission in Syrien.
Die Kommission zur Lage der Menschenrechte in Syrien hatte selbst keinen Zugang zum Land. Für ihre Untersuchungen befragten die UNO-Ermittler 43 Zeugen, Opfer und Ersthelfer. Zudem werteten sie Satellitenbilder, Fotos von Bombenresten und Frühwarnberichte aus.
Diese liessen darauf schliessen, dass die Verantwortung für den Giftgasangriff bei der Regierung von Präsident Bashar al-Assad liegt, hiess es im Bericht, an dem auch die Organisation für das Verbot chemischer Waffen (OPCW) mitgearbeitet hat.
Fotos vom Luftangriff auf Khan Sheikhoun zeigten Überreste einer chemischen Bombe, wie sie zu Sowjetzeiten üblich war, erklärte die Kommission. Der Sprengsatz wurde von einem Kampfflugzeug abgeworfen, das nur die syrischen Luftwaffe einsetzt.
Syrien und das verbündete Russland hatten den Einsatz von Giftgas bestritten. Vielmehr sei ein Giftgasdepot der Rebellen getroffen worden, wobei das Gas ausgelaufen sei. Die Kommission weist diese Version in ihrem Bericht zurück. Unter anderem seien die Opfer Stunden vor dem angeblichen Luftschlag gegen das Depot attackiert worden.
Dutzende Hinweise auf weitere Chemiewaffen
Die Beauftragten des UNO-Menschenrechtsrats fanden zudem Hinweise auf mindestens 23 weitere Chemiewaffenangriffe in Syrien seit März 2013. In mindestens drei Fällen hätten Regierungstruppen giftiges Chlorgas eingesetzt. Dies gelte für Angriffe auf von Rebellen kontrollierte Gebiete in Idlib, Hama und Ost-Ghuta bei Damaskus. Die Untersuchungskommission fordert die Regierung auf, den Einsatz dieser Waffen sofort zu stoppen.
Ernsthaft besorgt äusserten sich die Ermittler auch über die Angriffe der von den USA angeführten internationalen Koalition. Bei einem US-Luftangriff auf eine Moschee nahe Aleppo im März seien entgegen der Forderung des humanitären Völkerrechts keine Vorkehrungen getroffen worden, um Zivilisten zu schützen. 38 Menschen wurden getötet, darunter zahlreiche Kinder.
Der Bericht geht zudem auf die von der UNO kritisierte Zwangsumsiedlung der Bevölkerung aus belagerten Städten ein. Hintergrund der Evakuierung ist ein Abkommen zwischen der Regierung und Rebellen zum Austausch der Bewohner mehrerer Ortschaften, die jeweils von der Gegenseite belagert werden.
Das Evakuierungsabkommen wird auch in Teilen der Opposition kritisch gesehen. Sie werten es als Zwangsumsiedlung, die die Feinde von Präsident Bashar al-Assad von den wichtigsten Städten im Westen Syriens entfernt. Die Regierung hat erklärt, durch die Umsiedlung könne sie die Kontrolle über die zerstörten Orte bei Damaskus übernehmen und dort die Versorgung wiederherstellen.
Carla del Ponte resignierte
Die frühere UNO-Chefanklägerin Carla del Ponte trat Anfang August aus der Unabhängigen Internationalen UNO-Untersuchungskommission für Syrien aus. Die Tessinerin kritisierte, dass sie keine Einflussmöglichkeiten habe, wenn der UNO-Sicherheitsrat trotz dutzender Berichte über schwere Menschenrechtsverletzungen und Kriegsverbrechen nichts unternehme.
Solange der UNO-Sicherheitsrat kein Sondertribunal für die Kriegsverbrechen in Syrien einrichte, seien Berichte sinnlos.
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