Netanyahu könnte nun eine rechte Koalition bilden
Israels nächster Premier dürfte Benjamin Netanyahu heissen, nachdem sich der Rechtspopulist Avigdor Lieberman für ihn ausgesprochen hat. Tzipi Livni hat vorerst das Nachsehen.
Mit dieser Entwicklung muss die Kadima-Vorsitzende und Aussenministerin Tzipi Livni ihren Anspruch, Premierministerin zu werden, vorerst wohl aufgeben. Ihre Zentrumspartei Kadima holte zwar mit 28 Mandaten einen Sitz mehr als Netanyahus konservativer Likud. Aber das rechte Lager besitzt mit 65 Mandaten eine klare Mehrheit in der Knesset gegenüber den 55 Sitzen von Mitte links. Ohne Lieberman, den Livni als Koalitionspartner gewinnen wollte, hat sie keine Chance, eine Regierung unter ihrer Führung zu bilden.
Welche Koalition tatsächlich zustande kommt, ist aber noch offen. Lieberman, der mit seiner ultranationalen Partei Israel Beitenu bei den Wahlen zur dritten Kraft aufstieg, machte sich für ein breites Regierungsbündnis stark, dem auch Livni angehören sollte. Doch die winkte ab. Sie werde in keinem Kabinett sitzen, das gegen den Nahost-Friedensprozess eingestellt sei. «Die Kadima wird nicht als Feigenblatt für eine Regierung der politischen Lähmung herhalten.»
Ob Kadima sich mit einer Oppositionsrolle begnügen wird, ist dennoch fraglich. Zumal Netanyahu lieber eine grosse Koalition hätte als ein Rechts-rechts-Bündnis, in dem er von Lieberman und ultranationalen und religiösen Kleinparteien abhängig wäre. Umso mehr, als eine rein rechte Koalition, die strikt Gebietskompromisse ablehnt und in Verhandlungen mit Palästinensern und Syrern keinen Sinn sieht, auf Kollisionskurs mit den USA, Israels engstem Verbündeten, hinausliefe.
Diese Zeichen der Zeit hat auch Lieberman erkannt. Im Wahlkampf gab er sich mit einer araberfeindlichen Kampagne als Rassist. Jetzt gibt er sich bevorzugt staatsmännisch, schon um Washington nicht gegen eine Netanyahu/Lieberman-Koalition aufzubringen. Dahinter steckt die Furcht, Netanyahu könne am Ende gar ohne ihn auskommen. Rechnerisch ergäbe eine Koalition aus Likud, Kadima, linker Arbeitspartei und religiöser Shas eine höchst komfortable Mehrheit.
Einer Likud-Erklärung zufolge will Netanyahu zumindest versuchen, die Arbeitspartei unter Ehud Barak an Bord zu holen. Sie hatte, genauso wie die linke Meretz, in den Konsultationsgesprächen mit Staatspräsident Shimon Peres auf eine Empfehlung verzichtet, wer den Auftrag zur Regierungsbildung erhalten solle.
Beide schlossen aber eine Partnerschaft mit der Lieberman-Partei aus. Für Shas, fest abonniert auf den Likud, ist Lieberman wiederum wegen seines säkularen Programms ein Dorn im Auge.
Alles kommt jetzt auf die Überzeugungskünste von Peres an. Der hat für heute Freitag Netanyahu und Livni zu einem Privatgespräch eingeladen – offenbar um ihnen eine gemeinsame Regierungsbildung aus Staatsräson ans Herz zu legen.
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