Wulffs kleiner Grosser Zapfen
Am Donnerstag lädt der ehemalige Bundespräsident zu seiner Abschiedsfeier ins Schloss Bellevue. Doch der Andrang in Berlin dürfte dürftig ausfallen. Viele der Gäste haben Wulff eine Absage erteilt.

Die Verabschiedung des zurückgetretenen Bundespräsidenten Christian Wulff wird wesentlich dürftiger ausfallen als bei vergleichbaren Anlässen zuvor. Keiner der Amtsvorgänger kommt am Donnerstag zum Grossen Zapfenstreich ins Schloss Bellevue, auch die Spitzen der Bundestagsfraktionen werden mangels einer Einladung nicht anwesend sein. Zudem haben zahlreiche Kabinettsmitglieder aus Termingründen abgesagt, wie eine dapd-Umfrage in den Ministerien ergab.
Mit dabei sein wird indes Bundeskanzlerin Angela Merkel, die Wulff für das Amt ins Spiel gebracht hatte. Auch Bundestagspräsident Norbert Lammert kommt zum Grossen Zapfenstreich. Gleiches gilt für Verteidigungsminister Thomas de Maizière (alle CDU) und den Generalinspekteur der Bundeswehr, Volker Wieker. Sie werden Wulff zusammen mit dem Bundesratspräsidenten Horst Seehofer (CSU) beim Zapfenstreich auf das Podium begleiten.
Mehr Lieder für Wulff als üblich
Für das militärische Zeremoniell hat sich Wulff mehr Lieder als sonst üblich gewünscht. Nach Angaben des Bundespräsidialamtes stehen vier Lieder auf der Wunschliste des früheren Staatsoberhauptes, üblicherweise werden drei gespielt. Dabei handelt es sich um den «Alexandermarsch» von Andreas Leonhardt, «Over the Rainbow» von Harold Arlen, «Da berühren sich Himmel und Erde» von Christoph Lehmann sowie die «Ode An die Freude» von Ludwig van Beethoven.
Wulff ist nicht der Erste, der sich zum Zapfenstreich zwischen Beethoven und der Nationalhymne ein Stück populärer Musik wünschte. So liess sich Bundeskanzler Gerhard Schröder (SPD) 2005 mit Frank Sinatras «My Way» verabschieden, Bundespräsident Horst Köhler 2010 mit dem «St. Louis Blues» von William Handy und Verteidigungsminister Karl-Theodor zu Guttenberg (CSU) 2011 mit dem Rockklassiker «Smoke on the Water» von Deep Purple. Auch ist es nicht das erste Mal, dass der Grosse Zapfenstreich vier Lieder spielt, sagte ein Sprecher des Verteidigungsministeriums.
Ärger mit dem Zapfenstreich
Derweil sorgt der Grosse Zapfenstreich für Wulff in der Koalition für neuen Ärger. In einem Offenen Brief an Verteidigungsminister de Maizière forderte der bayerische FDP-Abgeordnete Erwin Lotter eine Verschiebung des militärischen Zeremoniells. Lotter hatte vor wenigen Wochen als erster Bundestagsabgeordneter der Koalition Wulff zum Rücktritt aufgefordert. Mit dem demonstrativen Verzicht einer Teilnahme der vier Altbundespräsidenten habe die «ohnehin nur schwer zu ertragende Debatte um den Grossen Zapfenstreich» eine neue Dimension bekommen, begründete Lotter seinen Vorstoss.
Dem gegenüber verteidigte CDU-Generalsekretär Hermann Gröhe die offizielle Verabschiedung und die Privilegien für Wulff. Gröhe sagte der «Saarbrücker Zeitung» (Mittwochausgabe), man solle Wulff in einem laufenden Ermittlungsverfahren nicht vorverurteilen und ihm das abzusprechen, «was einem scheidenden Bundespräsidenten rechtlich und in bewährter Staatspraxis zusteht».
Kraft fordert Wulff zum Verzicht auf
Die stellvertretende SPD-Vorsitzende und nordrhein-westfälische Ministerpräsidentin Hannelore Kraft appellierte derweil an Wulff, auf Zapfenstreich und Ehrensold zu verzichten. Damit könne er vieles von dem wiedergutmachen, «was er bisher angerichtet hat», sagte Kraft der «Leipziger Volkszeitung» (Mittwochausgabe).
Natürlich gelte für Wulff wie für jeden Bürger auch bis zum Beweis des Gegenteils die Unschuldsvermutung, fügte Kraft mit Blick auf die laufenden Ermittlungen hinzu. «Aber ich wage mir nicht vorzustellen, was passiert, wenn es zu einer Verurteilung käme und wir dann einen Grossen Zapfenstreich gehabt haben und Ehrensold leisten. Das wäre furchtbar.»
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