Wie die Mafia beim Essen Milliarden verdient
In Teilen Italiens bestimmt die Mafia, was auf den Tisch kommt. Auch der Verkauf von Fleisch, das von kranken Tieren stammt, oder von Made-in-Italy-Produkten aus China gehört zum üblen Geschäft der Agromafia.

Mit gepanschter Mozzarella und anderen vermeintlich hochwertigen Lebensmitteln hat Giuseppe Mandara jahrelang Millionen verdient – seit letzter Woche ist Schluss damit. Der «Armani des Mozzarella» sitzt in Untersuchungshaft. Er ist als Mitglied der Camorra, der neapolitanischen Mafia, entlarvt worden. Der Fall Mandara wirft ein Licht auf ein grosses Problem: Die Produktion gefälschter Lebensmittel ist zu einem Business-Schwerpunkt der Mafia geworden. Gemäss Schätzungen des Landwirtschaftsverbands Coldiretti erzielt die Agromafia einen Umsatz von mindestens 12,5 Milliarden Euro jährlich.
In einem Beitrag für die Zeitung «Repubblica» schildert Roberto Saviano, Journalist und Mafia-Kenner, wie sich die Organisierte Kriminalität in der Nahrungsmittelbranche breitgemacht hat. Laut Saviano, der mit seinem Anti-Mafia-Buch «Gomorrha» Berühmtheit erlangt hatte, kontrolliert die Mafia viele Lebensmittel des täglichen Bedarfs. Das heisst: Sie hat Einfluss auf Produktion, Handel und Verkauf von Kaffee, Brot, Butter, Fleisch, Mineralwasser, Fische und Früchte. Der lange Arm der Agromafia reicht teilweise bis nach Norditalien und ins Ausland.
Bosse sagen, welcher Kaffee getrunken wird
Am schlimmsten ist das Problem im Süden Italiens, wo die Mafia am stärksten ist. Beispielsweise zwang der Clan Mallardo di Giugliano in der Region von Neapel Bars und Restaurants dazu, Kaffee der Marke Seddio zu kaufen. Produziert wurde dieser Kaffee von einer Firma, die dem Neffen des Bosses Feliciano Mallardo gehörte. Auch andere Clans bestimmten, welche Kaffeeprodukte in welchen Lokalen angeboten wurden. Das System funktionierte dank Einschüchterungen und Erpressung. Vor zwei Jahren schritt zwar die Finanzpolizei gegen die Leute des Mallardo-Clans ein, in der Region Kampanien wird der Kaffeemarkt aber weiterhin von der Camorra kontrolliert.
Bedenklich sind auch die Mafia-Praktiken auf dem Fleischmarkt, wo Viehzüchter, Metzger und Behördenvertreter unter der Regie der Organisierten Kriminalität gemeinsame Sache machen. So berichtet Mafia-Kenner Saviano von einer mafiösen Organisation, die Fleisch von kranken Tieren auf den Markt brachte. Das funktionierte, weil bestochene Veterinäre auch kranken Tieren eine gute Gesundheit attestierten. Zudem wurden kranke Tiere mit Medikamenten behandelt, damit sie noch geschlachtet werden konnten. Die Camorra installiert auch beim Fleischmarkt ein Monopol – und sagt den Metzgern, bei wem diese das Fleisch kaufen sollen.
Teurer Verkauf von importierten Billigprodukten
Die Mafia, so Saviano weiter, kontrolliert auch den Handel und Transport von Früchten und Gemüse. Präsent ist sie beispielsweise bei Häfen: So werden Schiffsladungen blockiert, wenn Lieferanten und Transporteure keine Schutzgelder bezahlen. Mafia-Kenner Saviano berichtet weiter von Preiskartellen, auf die sich Clans der neapolitanischen Camorra und der sizilianischen Cosa Nostra geeinigt hatten.
Bei den Mafia-Händlern ist es zudem beliebt, Billigprodukte aus dem Ausland zu importieren und als hochqualitative Made-in-Italy-Ware zu höheren Preisen weiterzuverkaufen. Für Schlagzeilen sorgten beispielsweise Bresaola-Schinken mit Rindfleisch aus Uruguay, Mozzarella mit Milchpulver aus Bolivien und Pelati-Dosen mit Tomaten aus China. Die Liste der kriminellen Machenschaften in der Lebensmittelbranche liesse sich ohne Probleme verlängern.
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