Merkel wartet ab
Die deutsche Kanzlerin Angela Merkel reagiert ausgesprochen zurückhaltend auf den Amtsantritt von Donald Trump. Die Regierung in Berlin setzt den harschen Tönen aus Washington diplomatische Nüchternheit entgegen.

Nein, Angela Merkel hat noch keinen Termin bei US-Präsident Donald Trump. «Alles hat seine Zeit», sagte der Sprecher der Bundeskanzlerin, Steffen Seibert, gestern. Dabei gibt Trump bereits richtig Gas im neuen Amt. Schon am Freitag kommt die britische Premierministerin Theresa May ins Weisse Haus.
Merkel gab sich bei der Amtseinführung Trumps betont gelassen und besuchte eine Museumseröffnung in Potsdam. So als sähe sie lieber Monet an als Trump. Dennoch dürfte die Kanzlerin genau verfolgt haben, was der Politnovize zu sagen hatte.
Berlin liest den «Playboy»
So hat man in der Regierungszentrale selbst ein Trump-Interview im «Playboy» aus dem Jahr 1990 hervorgekramt. Schon damals warf der Immobilienmogul anderen Ländern vor, die USA abzuzocken, indem sie die USA mit Produkten fluten würden, während Amerika mit viel Geld deren Sicherheit garantiere. Eine Position, die Trump noch immer vertritt.
In Berlin hat man Trump lange Zeit unterschätzt und auf Hillary Clinton gesetzt. Im Wahlkampf gab es kaum Kontakte zu Trumps Team, erst nach seinem Sieg ist Merkels aussenpolitischer Berater Christoph Heusgen in die USA gereist. Mit der neuen Administration habe man alle Kontakte geknüpft, die bisher möglich seien, sagte Seibert gestern. «Und diese Kontakte wachsen und verstetigen sich», fügte er hinzu.
Dünne Reaktion
Merkels Reaktion auf Trumps Antrittsrede fiel dünn aus. Das transatlantische Verhältnis werde sicher nicht weniger wichtig, sagte sie am Samstag bei einer CDU-Veranstaltung und mahnte einen respektvollen Umgang an. Schon nach Trumps Wahl hatte sie ihm eine Zusammenarbeit auf Basis gemeinsamer Werte angeboten und mit ihm telefoniert. Umgekehrt liess Trump es nicht an Deutlichkeit fehlen. Einerseits lobte er Merkel als wichtige Führungsfigur, zugleich kritisierte er ihre Flüchtlingspolitik hart.
Keine Experten
Zu Besonnenheit rät Finanzminister Wolfgang Schäuble. Mit Blick auf Europa sagte er der «NZZ am Sonntag», auch andere US-Regierungen seien «nicht die besten Experten für europäische Probleme» gewesen. Trump werde die Dinge anders ansprechen. «Aber im Kern war es früher auch nicht wirklich anders», meinte Schäuble.
Verteidigungsministerin Ursula von der Leyen erklärte, der Ton werde rauer, aber die gewachsenen Beziehungen zu Amerika seien stark. Die Forderung nach stärkerer Lastenteilung beim Militär hat Deutschland bereits erhört. Der Verteidigungsetat steigt 2017 um 8 Prozent.
Die Bundesregierung setzt auch darauf, dass der republikanisch dominierte US-Kongress Trump einhegt. Gelegenheiten, die neue US-Administration kennen zu lernen, gibt es bald. Deutschland hat den G-20-Vorsitz inne. Sollte der US-Senat Rex Tillerson als Aussenminister bestätigen, könnte er schon am 16./17. Februar zum G-20-Ministertreffen nach Bonn reisen. Kurz darauf findet die Münchner Sicherheitskonferenz statt, an der laut «Spiegel» auch der neue US- Verteidigungsminister James Mattis teilnehmen will, eventuell auch Vizepräsident Mike Pence.
Engere Kontakte zu China?
Konsens in der Bundesregierung ist, dass Europa enger zusammenstehen muss, was schwierig werden dürfte. Deutschland könnte auch engere Bande zu China knüpfen. Denn mit Befriedigung hat die Bundesregierung das Lob vernommen, das der chinesische Präsident Xi Jinping beim Weltwirtschaftsforum in Davos auf den Freihandel gesungen hat.
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