Im Dienste des «Schokoladenkönigs»
Wladimir Klitschko verzichtet auf eine Präsidentschaftskandidatur in der Ukraine. Somit öffnet er Tür und Tor für Petro Poroschenko, dem der Wahlsieg kaum mehr zu nehmen ist.
Am 25. Mai wird in der Ukraine ein neues Kapital aufgeschlagen. Wenn das Volk zur Urne strömt und einen Nachfolger für den gestürzten Präsidenten Wiktor Janukowitsch bestimmt. In der Zwischenzeit führt Alexander Turtschinow das gespaltene Land ad Interim und im Hintergrund bringen sich die Wahlkandidaten in Stellung. Das Volk wird keine grosse Auswahl haben. Ab heute ist der Favoritenkreis sogar noch geschrumpft: Vitali Klitschko gab überraschend seinen Verzicht auf eine Kandidatur bekannt.
Der Boxweltmeister unterstützt stattdessen Petro Poroschenko – einen schwerreichen Oligarchen, der sich finanziell an der Maidan-Bewegung beteiligte und somit wesentlich zum Fall Janukowitschs beitrug. Auch wenn Klitschkos Rückzug erstaunen mag, ist er taktisch geschickt gewählt: Mit Poroschenko steht ein Kandidat zur Verfügung, der eine ähnliche politische Linie vertritt. Eine Kandidatur beider Politiker hätte dazu geführt, dass sie sich gegenseitig Stimmen streitig gemacht hätten. «Der Kandidat mit der grössten Unterstützung im Volk sollte nominiert werden», sagt Klitschko.
Milliardär mit eigenem TV-Sender
Der 48-jährige Poroschenko befindet sich in einer aussichtsreichen Position. In der Wählergunst führt er Umfragen zufolge überlegen. Laut einer Erhebung des Instituts Socis von Mitte März waren 36 Prozent für Poroschenko; Klitschko kommt mit 13 Prozent auf Platz zwei; auf Platz drei folgt die ehemalige Ministerpräsidentin Julia Timoschenko. Klitschkos Rückzug dürfte Poroschenko nun einen weiteren Schub geben.
Der Milliardär war schon vor seinem Engagement für die Protestbewegung in Kiew eine bekannte Figur. Gemäss Forbes kommt Poroschenko auf ein Vermögen von 1,3 Milliarden Dollar. Somit gehört er zu den fünf reichsten Männern des Landes. Nach dem Fall der Sowjetunion machte er sein Geld als Schokoladen- und Autofabrikant. In der Ukraine wird er liebevoll «Schokoladenkönig» genannt. Brisant: Mit seinem Süsswarenkonzern Roshen setzte der Kreml-Kritiker einen Grossteil der Waren stets in Russland ab.
Auch in der Politik ist Poroschenko kein unbeschriebenes Blatt. Er war bereits Aussen- und Wirtschaftsminister, Chef der Zentralbank und Sekretär des ukrainischen Sicherheitsrates. Zudem ist er Besitzer des Fernsehsenders Kanal 5, der die Maidan-Proteste medial unterstützte.
Timoschenko im Hintertreffen
Durch Klitschkos Rückendeckung für den prowestlichen Poroschenko scheint die von Ex-Regierungschefin Julia Timoschenko aussichtslos geworden zu sein. Nicht zuletzt auch durch ihr eigenes Verschulden: Vergangene Woche setzte sich die ehemalige ukrainische Regierungschefin in die Nesseln: In einem Gespräch mit einem Vertrauten sagte sie, sie würde den russischen Präsidenten Wladimir Putin «am liebsten in den Kopf schiessen». Das Telefon wurde aufgezeichnet und per anonymer Quelle ins Internet gestellt (Redaktion Tamedia berichtete). Die markigen Worte sind bei einem Grossteil des Volkes nicht gut angekommen.
Klitschko dürfte sich besser mit einer Nichtwahl abfinden. Er hat bereits seine nächste Aufgabe ins Auge gefasst: Die Kandidatur für das Bürgermeisteramt in Kiew. Sein Parteifreund Poroschenko wird – falls er gewählt wird – eine schwere Aufgabe zu bewältigen haben. Auf die Ukraine kommen wirtschaftlich harte Zeiten zu. Vorbote ist ein Entscheid der Übergangsregierung: Die Ukraine will den Erdgaspreis für die Bevölkerung um 50 Prozent erhöhen und damit eine Bedingung des Internationalen Währungsfonds (IWF) für Hilfskredite erfüllen.
Dieser Artikel wurde automatisch aus unserem alten Redaktionssystem auf unsere neue Website importiert. Falls Sie auf Darstellungsfehler stossen, bitten wir um Verständnis und einen Hinweis: community-feedback@tamedia.ch