Gericht verurteilt Berlusconi zu vier Jahren Haft
Sechs Jahre nach Beginn des Verfahrens wegen Steuerhinterziehung hat ein Gericht den ehemaligen italienischen Regierungschef zu vier Jahren Gefängnis verurteilt. Berlusconi profitiert jedoch von einer Amnestie.
Italiens früherer Ministerpräsident Silvio Berlusconi ist wegen Steuerbetrugs zu vier Jahren Haft verurteilt worden. Dies entschied heute ein Gericht im norditalienischen Mailand in erster Instanz. Drei der vier Jahre werden Berlusconi allerdings erlassen.
Das Gericht folgte in etwa dem Plädoyer der Staatsanwaltschaft, die Mitte Juni drei Jahre und acht Monate Haft für Berlusconi gefordert hatte. Es untersagte Berlusconi überdies für fünf Jahre, öffentliche Ämter zu bekleiden.
Die in erster Instanz verhängte Gefängnisstrafe betrage allerdings effektiv nur ein Jahr, teilte das Gericht in Mailand am Abend mit. Die restlichen drei Jahre fielen unter eine Amnestieregelung aus dem Jahr 2006.
Die Regelung war unter der damaligen linksgerichteten Regierung unter Ministerpräsident Romano Prodi erlassen worden, um das Problem überfüllter Gefängnisse in dem Land in den Griff zu bekommen.
Berlusconi persönlich beteiligt
Berlusconi war nach Auffassung des Gerichts in den 1990er Jahren persönlich in eine Kette fingierter Verkäufe verwickelt. Beim Verkauf von TV-Rechten des Mediaset-Konzerns seien die Kosten um hunderte Millionen Dollar aufgebläht worden, argumentierte Staatsanwalt Fabio De Pasquale. Der Anklage zufolge waren damit Steuerzahlungen umgangen und schwarze Kassen gefüllt worden.
Italiens ehemaliger Ministerpräsident habe «die Befehlskette» eindeutig angeführt, als der Steuerbetrug stattgefunden habe. Ausserdem trügen schwarze Kassen im Ausland Berlusconis «Fingerabdrücke».
Spuren führen auch in die Schweiz, die im Zusammenhang mit dem Verfahren rund 150 Millionen Franken auf Schweizer Konten gesperrt hat. Ausserdem hat die Bundesanwaltschaft (BA) selbst ein Verfahren wegen Verdachts auf Geldwäscherei eingeleitet. Dies bestätigte BA- Sprecherin Jeannette Balmer.
Das Strafverfahren in der Schweiz wurde nach Angaben Balmers im September 2011 aufgegeben. Ein grosser Teil der Anklagepunkte sei verjährt gewesen. Die übrigen Teile seien Gegenstand der Untersuchungen in Italien gewesen.
Verjährungsfrist läuft aus
Aus Gründen der Verjährung ist auch offen, ob das am gefällte Urteil in einem Berufungsverfahren überhaupt rechtskräftig werden kann.
Sehr wahrscheinlich ist, dass die Verjährungsfrist für die im Mailänder Prozess verhandelten Straftatbestände im kommenden Jahr endet. In Italien muss ein Urteil, bevor es rechtskräftig wird, zwei Berufungsinstanzen durchlaufen. Die Anwälte Berlusconis kündigten bereits an, in Berufung zu gehen.
Bei der Urteilsverkündung war der 76-Jährige Milliardär nicht anwesend. In einer ersten Stellungnahme bezeichnet er das Urteil als Ergebnis «politisierter» Richter, die Italien unbewohnbar gemacht hätten. Das Land laufe Gefahr, keine Demokratie mehr zu sein, sagte Berlusconi im Gespräch mit seinem TV-Sender Mediaset.
Drei weitere Angeklagte wurden ebenfalls verurteilt. Unter anderem erhielt der Hollywood-Produzent Frank Agrama eine Freiheitsstrafe von drei Jahren.
Anwälte Berlusconis empört
Der ehemalige Ministerpräsident hatte wie bereits in anderen Prozessen wiederholt seine Unschuld beteuert.
Der Prozess begann im Jahr 2006 und verzögerte sich immer wieder. So hatte Berlusconi in seiner Zeit als Ministerpräsident ein Immunitätsgesetz verabschieden lassen, das erst wieder vom Verfassungsgericht kassiert werden musste.
Zudem brachte er wiederholt vor, er könne Gerichtstermine nicht wahrnehmen, weil sie mit seinen Verpflichtungen als Regierungschef kollidieren würden. Damit rückten die ihm vorgeworfenen Straftaten näher an eine Verjährung heran.
Ein zweiter Prozess gegen den ehemaligen Ministerpräsidenten wurde fortgesetzt. In diesem Prozess wird Berlusconi unter anderem vorgeworfen, seinen politischen Einfluss zugunsten einer als Ruby bekannten Marokkanerin eingesetzt und eine sexuelle Beziehung mit der zur Tatzeit Minderjährigen gehabt zu haben.
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