Frankreichs neue Regierung: Juppé kommt, Kouchner geht
Die Regierungsumbildung in Frankreich hat zum Comeback des früheren Premierministers Alain Juppé geführt. Auch sonst wird alles ein bisschen konservativer.
Mit einer Regierungsumbildung hat der französische Staatschef Nicolas Sarkozy Kurs auf die Präsidentenwahl 2012 genommen. Das Kabinett wurde von 37 auf 30 Mitglieder verkleinert und erhielt einen konservativeren Zuschnitt. Zum neuen Verteidigungsminister und ranghöchsten Kabinettsmitglied hinter Premierminister François Fillon berief Sarkozy den im Laufe seiner Karriere in zahlreiche Affären verwickelten früheren Premierminister Alain Juppé, derzeit Bürgermeister von Bordeaux.
Die bisherige Justizministerin Michèle Alliot-Marie wechselt ins Aussenressort; der bisherige Aussenminister Bernard Kouchner – Symbolfigur für die Öffnung nach links in Sarkozys konservativer Regierung – hatte zuvor erklärt, seine Tage in dem Amt seien gezählt. Wirtschaftsministerin Christine Lagarde und Innenminister Brice Hortefeux behielten ihre Posten. Hortefeux leitet im neuen Kabinett zusätzlich das Einwanderungsressort.
Die Regierungsumbildung dauerte nach dem Rücktritt Fillons am Samstag 24 Stunden – ungewöhnlich lange für einen derartigen technischen Vorgang. Nicht zu Sarkozys Partei UMP gehörende Kabinettsmitglieder wie der bisherige Verteidigungsminister Hervé Morin kritisierten, statt einer «Geste der Einheit» werde die Umbildung dazu benutzt, Sarkozy ein «Wahlkampfteam» für die Präsidentenwahl 2012 zu schneidern. Sarkozys Popularität ist nach der gerade durchgesetzten Rentenreform weiterhin in einem Rekordtief.
Juppé 2004 wegen Parteienfinanzierung verurteilt
Der 65-jährige Juppé wurde 2004 wegen Unregelmässigkeiten bei der Parteienfinanzierung zu 14 Monaten Gefängnis auf Bewährung verurteilt. Zugleich wurde ihm das passive Wahlrecht für ein Jahr entzogen. Er musste damals deswegen alle politischen Ämter niederlegen. Sein Nachfolger als Vorsitzender der UMP wurde damals Sarkozy. 2007 wurde Juppé nach Sarkozys Sieg bei der Präsidentenwahl wieder Minister, trat aber nur einen Monat später zurück, nachdem er bei der Parlamentswahl kein Abgeordnetenmandat in der Nationalversammlung erhielt.
In seiner Kritik einen Schritt weiter als Morin ging vor der Bekanntgabe des neuen Kabinetts der bisherige Umweltminister Jean-Louis Borloo, der einst selbst als möglicher Kandidat für das Ministerpräsidentenamt galt. Er habe sich dazu entschieden, der neuen Regierung nicht mehr anzugehören, teilte er in einer Erklärung mit. So könne er sich besser für seine Werte einsetzen. Auch die populäre dunkelhäutige Sportministerin Rama Yade und die in einem Ghetto aufgewachsene Ministerin für urbane Angelegenheiten, Fadela Amara, mussten gehen.
Fillon hatte nach seiner Wiederernennung erklärt, er werde sich in dieser «neuen Phase» auf die Schaffung von Arbeitsplätzen und die Sicherheit der Bürger konzentrieren. «Seit 2007 ist der Präsident der Republik trotz aller Herausforderungen, Widerstände und Angriffe seinen reformistischen Zielen treu geblieben», erklärte Fillon.
Kritik der Sozialisten
Sarkozy hatte im Juni angekündigt, die Regierungsposten nach der Verabschiedung der umstrittenen Rentenreform neu besetzen zu wollen. Am Dienstag unterzeichnete er das Rentenreformgesetz, mit dem das Renteneintrittsalter von 60 auf 62 Jahre erhöht wurde. Zuvor waren landesweit Millionen Menschen aus Protest gegen die Massnahme auf die Strassen gegangen. Mit zahlreichen, über mehrere Wochen verteilten Streiks protestierten Zehntausende gegen das Gesetz.
Sarkozys Umfragewerte sind nach den heftigen Auseinandersetzungen auf einem Rekordtief. Fillon, der seit Sarkozys Amtsantritt im Mai 2007 die Regierungsgeschäfte führt, war trotz seiner nüchternen Art in Umfragen immer beliebter als der Präsident. Bei einer am Montag veröffentlichten Wählerumfrage erntete Sarkozy 35 Prozent Zustimmung, Fillon 48 Prozent.
Die Vorsitzende der oppositionellen Sozialisten, Martine Aubry, kritisierte die Kabinettsumbildung als «im Wesentlichen von Clan-Denken geprägt».
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