Ein schwimmendes AKW in der City
In St. Petersburg protestieren Umweltschützer gegen den geplanten Probelauf eines schwimmenden Atomkraftwerks an der Newa, keine zwei Kilometer von der Eremitage entfernt.

Das schwimmende Atomkraftwerk «Akademiemitglied Lomonossow» ist im St. Petersburger Baltischen Werk fertig geworden. Nun liegt es an der Newa, keine zwei Kilometer von der Eremitage, also von der absoluten Stadtmitte entfernt.
Zwischendurch hatte es immer wieder Proteste gegen das gefährliche Objekt mitten in der Fünfmillionenmetropole gegeben. Die Stationierung atomarer Objekte innerhalb der Stadtgrenze wurde nämlich bereits in den 1990er-Jahren verboten. Die Atomenergiebehörde Rosatom wiegelte aber ab. Die Lomonossow sei ja für die Halbinsel Kamtschatka im äussersten Nordosten Russlands bestimmt.
Probelauf soll in Petersburg beginnen
Nun wurde jedoch bekannt, dass der Kraftwerksreaktor demnächst mit atomaren Brennstäben beladen werden soll. Mehr noch, der Probelauf soll mitten in der Stadt beginnen. Das Risiko für die Bevölkerung wäre unvertretbar, sagt der Programmdirektor von Greenpeace Russia, Raschid Alimow.
Früher habe es die Regel gegeben, dass sich keine Atomkraftwerke näher als 100 Kilometer an einer Grossstadt befinden dürfen. Als St. Petersburg aber in die Breite wuchs, geriet das Leningrader Atomkraftwerk in unzulässige Stadtnähe. Statt es zu verlegen, schaffte die Regierung die alte Vorschrift ab. Nun brauchen sich die schwimmenden Stromerzeuger darum nicht mehr zu kümmern.
Laut Alimow sind schwimmende Atomkraftwerke generell zu teuer und zu gefährlich. Der unabhängige Atomexperte Alexej Schthschukin bestätigt diese Ansicht. Er ist früher dreissig Jahre lang mit Atomeisbrechern gefahren. Die Kraftanlage der Lomonossow sei bereits in den 1960er-Jahren entwickelt worden, sagt er. Damit sei der atomare Eisbrecher Lenin gefahren, dann andere Schiffe.
Für die schwimmenden Atomkraftwerke sei sie nur notdürftig geändert worden. Die Anlage sei störanfällig. Am häufigsten kämen Lecks im primären Kreislauf vor, bei denen atomar verseuchtes Wasser austrete. Das Gefährlichste sei aber menschliches Versagen.
Das Personal werde zwar jährlich untersucht, niemand könne aber voraussagen, wann jemand durchdrehe. Man müsse das schwimmende Kraftwerk zumindest aus St. Petersburg nach Murmansk oder Archangelsk verlegen, wo sich Werften und Werkstätten für die Wartung von atomgetriebenen Schiffen befinden.
Eine zusätzlicheTouristenattraktion?
Was Tschukotka speziell angeht, so gab es in letzter Zeit Berichte, wonach der Strombedarf dort zurückgegangen sei. Es zeichne sich eine Überproduktion ab, die das schwimmende Atomkraftwerk überflüssig mache.
Nach Expertenmeinung sieht Rosatom darin einen künftigen Exportschlager, mit dem sich jede Menge Geld verdienen lasse. Es wäre doch schön, wenn es mitten in St. Petersburg für mögliche Interessenten gut erreichbar arbeiten würde. Neben Touristenattraktionen wie Eremitage und historische Bauwerke würde man damit neue Kunden anlocken.
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