«Die Spekulanten sind Taliban in Nadelstreifen»
Vor der Abstimmung über die Notkredite für Griechenland liefern sich sich Regierung und Opposition in Berlin einen heftigen Schlagabtausch.

Bundesregierung und Opposition haben die letzte Abstimmung über die Notkredite für Griechenland zu einem heftigen Schlagabtausch genutzt. Bei der zweiten und dritten Lesung im Bundestag verteidigten Union und FDP am Freitag den Gesetzentwurf für Hilfen in Höhe von 22,4 Milliarden Euro gegen die Kritik von SPD, Grünen und Linke. Linke-Vizefraktionschefin Gesine Lötzsch wurde für einen Vergleich von Spekulanten mit Taliban von Bundestagspräsident Norbert Lammert (CDU) gerügt.
Der Chefhaushälter der Unionsfraktion, Norbert Barthle nannte das Rettungspaket eine grundlegende Richtungsentscheidung für die Zukunft Europas. «Zu dem jetzigen Hilfspaket gibt es keine bessere Alternative». Die Kreditvergabe sei mit scharfen Regeln und Bedingungen verbunden. Es handle sich um «das schärfste und strengste Überwachungssystem, dass es im Euro-Raum jemals gegeben hat.»
Barthle erklärte, das Ausfallrisiko für den deutschen Steuerzahler werde so gering wie möglich gehalten. «Natürlich bleiben Restunsicherheiten», sagte er. «Wir werfen Griechenland einen Rettungsring zu. Schwimmen ans richtige Ufer müssen sie selbst. Wählen sie den falschen Weg, dann landen sind im offenen Meer - oder in der Türkei.» Die Vertrauensbildung in der Bevölkerung wäre allerdings stärker ausgeprägt, wenn es einen gemeinsamen Beschluss des deutschen Bundestages geben würde, sagte Barthle.
SPD wirft Koalition Versagen vor
Der SPD-Finanzexperte Joachim Poss warf der Koalition vor, sie habe «jämmerlich versagt» bei den Bemühungen, «einen Flächenbrand in Europa» zu verhindern. Auch hätten Union und FDP zu spät geschaltet. «Sie handeln nicht dann, wenn es sein müsste - dann wäre es für uns vielleicht auch günstiger geworden», sagte Poss.
Poss erneuerte die Forderung seiner Partei nach Einführung einer Finanztransaktionssteuer. Es brauche in den kommenden Jahren einen «spürbaren Beitrag der Finanzindustrie» zu den Einnahmen des Staates, wie es eine solche Steuer leisten könnte. «Unser Weg ist der bessere, und ich denke, die Menschen können wir davon überzeugen».
Der FDP-Haushälter Otto Fricke griff die SPD scharf an. Diese habe während ihrer Regierungsverantwortung wesentlich zur Aufweichung des Wachstums- und Stabilitätspakts beigetragen und habe deshalb die Krise in Griechenland mit zu verantworten. «Die Aufnahme Griechenlands war ein Fehler», sagte Fricke. Diese Fehler müsse jetzt mit grossen Anstrengungen behoben werden.
«Die Menschen sollen wieder die Krise bezahlen»
Lötzsch warf der Bundesregierung vor, die Krise zu Lasten der deutschen Bevölkerung eher noch zu verschärfen. «Die Menschen sollen wieder die Krise bezahlen. Wir als Linke stellen uns dem entgegen», sagte sie. Schwarz-Gelb vertrete die «Interessen der Renditemacher und Spekulanten, und dem stellen wir uns entgegen.» Das Rettungsprogramm sei nicht ehrgeizig, es sei brutal, unsozial und unsolidarisch. «Die Spekulanten sind Taliban in Nadelstreifen», sagte Lötzsch. Und vor diesen Spekulanten müsse die Bevölkerung geschützt werden.
«Wir fordern den Zweiklang von Retten und Regulieren», sagte Lötzsch. Die Bundesregierung jedoch verweigere sich der Regulierung. Das könne die Linke nicht hinnehmen und deshalb nicht zustimmen. Lammert erklärte anschliessend, Lötzsch habe zu einem Vergleich mit Terroristen gegriffen, «den ich für masslos halte und deshalb rüge».
Grünen-Fraktionschefin Renate Künast erklärte, wenn ihre Partei heute mit Ja stimme, dann sei das ein klares Bekenntnis zu Europa, aber eine klare Abgrenzung zur Politik von Schwarz-Gelb.
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