Die Scheidung wird zum Steuersparmodell
Jedes Jahr lassen sich 91'000 italienische Ehepaare scheiden. Immer mehr dieser Scheidungen sind fingiert. Sie werden dazu vollzogen, steuerliche Vorteile oder Bonuszahlungen vom Staat zu erhalten.

Italiens Familien sehen sich unter erheblichem fiskalischem Druck. Steuern auf Haus und Hof, auf Einkommen und Auto, Abgaben für Fernsehen und Müllabfuhr, für die Universität, Lehrbücher oder die Schulmensa. Bei stagnierendem Einkommen erhöhen sich diese Abgaben, jede Regierung hat sich immer etwas Neues einfallen lassen, ohne die Verordnungen der vorherigen aufzuheben oder zu korrigieren.
Kein Wunder, dass die Bürger sich auch etwas einfallen lassen. Nebst der Tatsache, dass viele einer zweiten – oft unregistrierten – Arbeit nachgehen, ist das neue Steuersparmodell eine fingierte Scheidung. Paare trennen sich vor dem Scheidungsrichter, doch in Wirklichkeit bleibt die Familie erhalten. Das zieht verschiedene Vorteile nach sich.
Tiefere Grundsteuern
Eine Scheidung ist meist ein unschöner Vorgang, ihr gehen Streit und Auseinandersetzungen voraus. Es folgt der Auszug eines der Ehepartner, eines Elternteils. So auch bei den Scheinscheidungen: Der Mann muss raus, er kauft sich eine eigene Wohnung. Das kann dann auch schon mal ein Wochenend- oder Feriensitz sein.
Der steuerliche Vorteil dabei ist, dass diese Immobilie künftig als Erstwohnsitz ihres Besitzers betrachtet wird. Das gibt nicht nur einen Vorteil beim Erwerb, wo 5 Prozent der Grunderwerbssteuern gemindert werden können, der Besitzer zahlt auch nur 4 statt 11 Prozent Grundsteuer.
So fiel auf, dass zum Beispiel in der Gemeinde Marina di Grosseto die Zahl der Einwohner deutlich anstieg: Menschen aus dem toskanischen Hinterland, die plötzlich ihren ersten Wohnsitz hier anmeldeten, wo sonst die Familien lediglich ihre Sommerfrische verbrachten.
Vorteile für Ex-Frau und Kind
Der Trick geht so: Das Paar erscheint vor einem Familienrechtler, erklärt die einvernehmliche Scheidung und zieht damit gemeinsam vor Gericht. Weder Anwalt noch Richter können einschätzen, wie ernst die Trennung gemeint ist. Zahlt nun der geschiedene Ehemann seiner Frau und den Kindern einen Unterhalt von etwa 3000 Euro monatlich, kann er dies steuerlich verrechnen und jährlich bis zu 20'000 Euro Einkommenssteuer sparen.
Frau und Kinder bekommen aufgrund ihres geringen Einkommens Zuschüsse zu kommunalen Abgaben, kostenlose Schulbücher, gesenkte Mensapreise – in Italien wird die Zahlung für das Schulessen einkommensabhängig berechnet – sowie eine Reduzierung von Hochschulgebühren. Die Familie lebt trotz der Scheidung nach wie vor unter einem Dach, als ob nichts gewesen wäre.
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