Bloss nicht in den Osten
Mehrere EU-Agenturen müssen mit dem Brexit die Insel verlassen. Die Beamten haben klare Vorstellungen, wohin es sicher nicht gehen soll.

Die Brexit-Verhandlungen drehen sich im Kreis. Auch die vierte Gesprächsrunde konnte keinen Durchbruch bringen (siehe Box). Noch immer blockieren die Frage der Austrittsrechnung und die Rolle des Europäischen Gerichtshofs bei der Wahrung der Bürgerrechte massgebliche Fortschritte, wie EU-Chefverhandler Michel Barnier im Beisein seines britischen Gegenparts David Davis gestern in Brüssel erklärte.
Nichtsdestotrotz bereitet sich Brüssel für den finalen EU-Abgang Grossbritanniens Ende März 2019 vor. Das bedeutet auch, einen neuen Standort für die in London angesiedelten EU-Agenturen, die Arzneimittelbehörde EMA und die Bankenaufsicht EBA, mitsamt deren rund 1100 Mitarbeitern zu finden. Die EU-Verträge sprechen da eine klare Sprache: EU-Einrichtungen müssen sich auf EU-Boden befinden.
Beliebte Beamten
Für die EMA haben sich mittlerweile neunzehn Städte beworben. Bei der EBA sind es acht. Darunter finden sich europäische Hotspots wie Amsterdam, Barcelona und Paris. Aber auch etliche aufstrebende Städte aus Ost- und Zentraleuropa wie Sofia, Bukarest oder Warschau. Die gut ausgebildeten EU-Beamten und deren Familien sind gern gesehene Gäste. Nicht nur bilden sie kaufkräftiges Publikum, mit ihnen kämen auch internationale Schulen und andere Einrichtungen. Gerade die EMA gilt als Filetstück. Im Umfeld der für Medikamentenzulassungen zuständigen Behörde siedeln sich Pharmaunternehmen an, Kongresse und Geschäftsreisen generieren jährlich rund 40 000 Hotelübernachtungen.
Die Bewerberstädte geben sich denn auch Mühe, ihre Reize in möglichst gutem Licht zu präsentieren. Wien bietet der EMA zum Beispiel an, während 25 Jahren nur einen symbolischen Betrag von einem Euro für die Miete des Bürogebäudes zu bezahlen. Die EU-Kommission will morgen ihre Einschätzung der Bewerbungen abgeben. Entscheiden wird der EU-Rat im November.
Viele drohen mit Abgang
Während es wahrscheinlich ist, dass die Bankenaufsicht in eine Finanzmetropole wie Frankfurt oder Paris wechselt, so ist es gut möglich, dass die EMA in einen «neuen» EU-Mitgliedsstaat übersiedelt. Unlängst wurden aus Ost- und Zentraleuropa entsprechende politische Forderungen nach geografischer Parität laut.
Die Mitarbeiter der Arzneimittelaufsicht allerdings haben eine klare Vorstellung davon, wo es hingehen soll und wo nicht. Eine Umfrage unter 400 Angestellten ergab, dass bis zu 70 Prozent kündigen würden, falls der neue Standort nicht ihren Ansprüchen an Lebensqualität entspräche. Die EMA warnte schon einmal vor einer «Krise der öffentlichen Gesundheit» für den Fall, dass nicht genug qualifiziertes Personal disloziert werden könne.
Welche Städte als «top oder flop» rangierten, wollte die EMA nicht öffentlich machen. Gemäss dem Nachrichtenmagazin «Politico» waren die hintersten fünf Plätze jedoch folgendermassen bestellt: Zagreb, Bratislava, Warschau, Bukarest und zuletzt Sofia.
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