Biker-Boss mischt sich unter die Elite
Das Gaidar-Wirtschaftsforum in Moskau ist für Russland im Kleinen, was das Weltwirtschaftsforum für die Welt im Grossen ist. Doch diesmal war das zentrale Ereignis das Auftauchen des Führers des Bikerklubs Nachtwölfe, eines Freundes von Putin.

In Russland wurde die Eröffnung des Weltwirtschaftsforums in Davos diesmal argwöhnisch beäugt. Am Wochenende war gerade das nationale Gaidar-Wirtschaftsforum in Moskau zu Ende gegangen. Das zentrale Ereignis war dabei nicht etwa der Beitrag von Ex-Finanzminister Alexei Kudrin oder Regierungschef Dmitri Medwedew, sondern das Auftauchen des Anführers des Bikerklubs Nachtwölfe, Alexander Saldostanow (53) – besser bekannt unter dem Spitznamen Chirurg.
Nicht nach Davos
Strickmütze, Lederjoppe und -hose passten zu gediegenen Anzügen und Krawatten der Wirtschaftselite genauso wenig «wie der Sattel zu einer Kuh», wie es im Kommentar einer Zeitung formuliert war. Es blieb aber nur bei dumpfem Murren. Niemand wagte offenen Protest, denn in Russland weiss jeder, dass der Chirurg ein enger Freund von Präsident Wladimir Putin ist.
Im Internet wurde der Scherz lanciert, der Chirurg fliege demnächst auch nach Davos mit. Niemand nahm das ernst, man atmete aber erleichtert auf, als sich der Name Saldostanow nicht auf der offiziellen russischen Delegationsliste fand.
Chirurg hiess früher Zahnarzt
Mitte der 80er-Jahre hörte der junge Alexander Saldostanow noch auf den Spitznamen Zahnarzt, denn er hatte Zahnmedizin studiert. Zu Beginn seiner Rockerlaufbahn versuchte er sich als Heavy-Metal-Sänger. Gemäss einer Legende heiratete er 1988 eine deutsche Journalistin und verbrachte einige Zeit in Deutschland, was ihm nützliche Kontakte dort und in der abziehenden Sowjetarmee eingebracht haben soll. Nach seiner Heimkehr stellte er sich im August 1991 mit seinen Bikern auf die Seite der Revolution. Das sicherte ihm später die Unterstützung vom ersten russischen Präsidenten Boris Jelzin und von dessen Präsidialamt. Zahnarzt Saldostanow gründete einen eigenen Bikerklub und legte sich den solideren Spitznamen Chirurg zu. Zu seiner Zentrale erkor er zuerst Königsberg (Kaliningrad) und dann Sewastopol auf der Krim.
Putin auf dem Dreirad
2010 erschien Putin plötzlich eines Nachts zusammen mit dem Chirurgen auf einem grossen Motordreirad sitzend an der Spitze einer Kolonne der Nachtwölfe in Moskau. Danach hagelte es Gunstbezeigungen. Saldostanow wurde für seine «aktive Arbeit bei der Erziehung der Jugend» mit einem Ehrenorden ausgezeichnet. Der Patriarch von Moskau und ganz Russland Kyrill segnete die alljährliche Bikeshow in Sewastopol. Auf dem Gaidar-Forum sprach der Chirurg übrigens über ein gemeinsames Projekt mit dem russischen Verteidigungsministerium auf der Krim. Seine einstigen Kontakte mit den russischen Generälen in Deutschland machen sich bezahlt.
Nach unbestätigten Berichten soll er auch Putin bereits in Deutschland kennen gelernt haben. Der damalige Heavy-Metal-Sänger sei in einem Berliner Schwulenklub von der Polizei wegen Drogenhandels geschnappt worden, sagt der Finanzanalytiker Stepan Demura. Putin habe ihm dank seiner alten Stasi-Beziehungen aus der Patsche geholfen.
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