Die Partei
China bereitet seine Zukunft vor. Der Machtkampf findet jedoch hinter den verschlossenen Türen der Kommunistischen Partei statt. Er ist mindestens so wichtig wie der Ausgang der US-Wahlen.
In den USA ist der Kampf um das Weisse Haus zu einem Polit-Schmierentheater verkommen, aber er ist zumindest öffentlich. In China findet derzeit ebenfalls ein heftiges Ringen um die Macht statt. Das neunköpfige, allmächtige Politbüro der Kommunistischen Partei wird im Herbst neu bestellt. Hu Jintao, der amtierende Generalsekretär, tritt ab. Als sein designierter Nachfolger gilt Xi Jinping. Sollte er als Sieger aus dem Machtkampf hervorgehen, dann wird er quasi im Nebenamt noch Präsident von China. Der Machtkampf innerhalb der KP China findet jedoch unter Ausschluss der Öffentlichkeit statt.
Die Kommunistische Partei von China ist nach wie vor für den Westen ein rätselhaftes Wesen. Die einstige Bauernpartei ist längst zur vielleicht erfolgreichsten Wirtschaftspartei aller Zeiten geworden. Richard McGregor formuliert es in seinem brillanten Buch «The Party» wie folgt: «In nur einer einzigen Generation hat sich die Parteielite von einer griesgrämigen Bande von in Mao-Kittel gekleideten, ideologischen Gewalttätern in eine reiche, gut gekleidete, wirtschaftsfreundliche herrschende Klasse verwandelt. Dabei hat sie ihr Land verändert und ist im Begriff, dies mit der gesamten Welt zu tun. Heute geht es in der Partei um die Autobahnen der Globalisierung, um wirtschaftliche Effizienz, höhere Gewinne und grössere politische Stabilität.»
Der Westen macht sich Illusionen
Der neue, wirtschaftsfreundliche Kurs der KP China und der ungeheure Erfolg der chinesischen Wirtschaft haben im Westen die Illusion geweckt, dass auch die Politik sich wandeln und eine Demokratie mit einem Vielparteiensystem entstehen werde. Das ist völlig realitätsfern. Die Partei ist nach wie vor allmächtig, und sie setzt alles daran, es auch zu bleiben. Nach wie vor verfolgt sie das von Lenin postulierte Prinzip der Machterhaltung, das McGregor wie folgt beschreibt: «Allen Reformen in den letzten drei Jahrzehnten zum Trotz hat die Partei alles unternommen, um die drei Pfeiler ihrer Überlebensstrategie sicherzustellen: Kontrolle über das Personal, Propaganda und die Armee.»
In modernen China gibt es zwei Parallelwelten, den Staat und die Partei. Matchentscheidend ist, was innerhalb der Partei geschieht. Sie hat einen eigenen, riesigen Kontrollapparat, der dafür sorgt, dass keine einzige wichtige Stelle im Land ohne ihre Zustimmung besetzt wird. Das ultimative Statussymbol in China ist deshalb kein Privatjet, sondern ein roter Telefonapparat mit einem goldenen Stern auf dem Pult. Die Parteielite hat nämlich ein eigenes, abgeschlossenes Telefonsystem, zu dem nur die wirklich Mächtigen Zutritt haben.
Auch die Armee ist nicht unabhängig, sondern den Interessen der Partei untergeordnet und von Parteikadern kontrolliert. Sie nehmen diese Aufgabe sehr ernst. Von Hu Jintao heisst es, dass er vier von fünf seiner Arbeitstage mit den Militärs verbringt. Der Propaganda-Apparat sorgt dafür, dass in China nur kommuniziert wird, was der Partei genehm ist.
Die Partei saniert mit äusserster Brutalität
Und was ist mit den freien chinesischen Unternehmern? Sie existieren weitgehend in der Fiktion. Niemand, der mit der Partei auf Konfrontationskurs geht, ist langfristig wirtschaftlich erfolgreich. Die Verbindung von Wirtschaft und Partei ist komplex, aber die Kontrolle der Partei ist praktisch total. Auch die nach wie vor im Westen weit verbreitete Vorstellung, wonach es in China einen sehr effizienten Privat- und einen völlig maroden Staatssektor geben soll, ist Unsinn. Die Partei hat in den letzten Jahrzehnten die Staatsbetriebe mit einer Brutalität saniert, die im Vergleich McKinsey & Co. als Sonntagsschüler erscheinen lässt. «Aus der Sicht der Partei hat die liberale Wirtschaft in China nur deshalb Erfolg gehabt, weil sie mit einer sehr autoritären Politik verheiratet wurde.»
In einer Hinsicht jedoch hat sich die KP China gewaltig verändert. Von einem Personenkult wie zu Maos Zeiten ist nichts mehr zu spüren. Das neunköpfige Politbüro ist ein Gremium von neun älteren, gut gekleideten Herren mit schwarz gefärbten Haaren, die wie Klone wirken. «Deng Xiaoping hat Maos destruktive Vorstellungen über Bord geworfen und hat die Partei wieder im Sinne von Lenin organisiert, als eine mächtige Elite, die den Massen eine aufgeklärte Führung zur Verfügung stellen soll», stellt McGregor fest.
Dieser Artikel wurde automatisch aus unserem alten Redaktionssystem auf unsere neue Website importiert. Falls Sie auf Darstellungsfehler stossen, bitten wir um Verständnis und einen Hinweis: community-feedback@tamedia.ch