Die neue Seemacht am Horizont
Indien baut seinen ersten Flugzeugträger. Ein atomgetriebenes U-Boot ist bereits in Betrieb. Das Land will zu den Grossen auf den Weltmeeren aufsteigen. Dort dürften sich die Wege mit China kreuzen.
Eines Tages soll die Vikrant ein Zuhause für Kampfflugzeuge und Helikopter sein. Noch liegt das Tausende Tonnen schwere Schiff im Dock an der Spitze Indiens - doch schon jetzt ist der erste im Land gebaute Flugzeugträger der ganze Stolz Indiens. «Wir haben die Fähigkeit und die Technologie, uns mit den Besten in der Welt zu messen», sagte Verteidigungsminister A.K. Antony bei der Präsentation. Nur zwei Tage vorher hatte die südasiatische Atommacht erstmals die Aktivierung eines eigenen atomgetriebenen U-Boots gefeiert. Steigt hier eine neue Seemacht auf?
Vor mehr als einem Jahrzehnt hatte die indische Marine den Slogan ausgegeben: «Das offene Wasser erobern», also weitreichende und hochseetaugliche Technik entwickeln.
Das wurde auch bei den Finanzen sichtbar: Anfang der 1990er Jahre lagen die Mittel für die Marine bei rund 12 Prozent des Verteidigungsbudgets, in den vergangenen Jahren erreichten sie 18 Prozent, wie das Institut für Verteidigungsstudien und -analysen berichtet. Das heisst in offiziellen Zahlen: umgerechnet rund 5,1 Milliarden Franken im aktuellen Jahresbudget.
Starke Macht im Indischen Ozean
Quantitativ liege der Fokus Indiens zwar nach wie vor auf den Landstreitmächten, sagt der Verteidigungsanalyst Uday Bhaskar von der Gesellschaft für Politikstudien in Neu Delhi. «Aber qualitativ ist die Marine sehr bedeutend.»
Als starke Macht im Indischen Ozean könne Indien mit seinen Fregatten, Zerstörern und Korvetten die Handelsrouten um den Subkontinent sichern sowie bei Naturkatastrophen wie einem Tsunami helfen. «Die indische Marine hat in dem Bereich an Relevanz gewonnen und spielt regional eine herausragende Rolle», meint Bhaskar.
Der nun zu Wasser gelassene Flugzeugträger «Vikrant» - das Sanskrit-Wort für mutig - soll 2018 seinen Betrieb aufnehmen. Ein weiterer ist in Planung.
«Indien plant zukünftig mit drei Trägern: einen im Osten, einen im Westen und einen in den Docks», sagt Ex-Generalmajor Ramesh Chopra. Damit steige das Land in die Riege der sechs globalen Seemächte auf - auch wenn die Interessen Indiens immer regional blieben, betont er.
Kräftemessen mit China
Andere Analysten sehen allerdings am Horizont einen Kampf mit China um die Vormachtstellung auf dem Wasser heraufziehen. Die andere grosse asiatische Macht hat mit der «Liaoning» ebenfalls einen Flugzeugträger.
Es ist ein modernisiertes sowjetisches Modell, das vorerst nur zu Trainingszwecken dient, doch baut China nach offiziell unbestätigten Berichten an seinem ersten eigenen Flugzeugträger.
Raja Mohan von der Observer Research Foundation (ORF) sagte jüngst bei der Vorstellung seines Buches zur Rivalität im Indopazifik in Delhi: «Erstmals blicken die beiden Staaten Indien und China, jeder mit einer Bevölkerung von 1,2 Milliarden Menschen, Richtung Meer.» Dies sei eine gewaltige Verschiebung mit globalen Folgen.
Der frühere Top-Diplomat Shyam Saran betonte am gleichen Abend, sowohl China als auch Indien hätten ein gemeinsames Interesse daran, die Seewege offenzuhalten. Allerdings wies er auch darauf hin, dass es in der Region bislang keine Sicherheitsarchitektur gebe, so wie es für ökonomische Kooperation etwa die südostasiatische Staatengemeinschaft ASEAN gibt.
So versuchen beide Riesen, ihren Einfluss zu erhöhen. China hilft finanziell beim Bau von Häfen in Pakistan, Bangladesh, Sri Lanka und Burma, wohingegen Indien in Mauritius, den Malediven, Seychellen und Madagaskar präsent ist.
Die maritimen Spuren der beiden Mächte kreuzten sich nun immer häufiger, meint Analyst Mohan. Und mit den USA gebe es einen dritten Akteur in der Region, der sich als Partner der grössten Demokratie der Welt verstehe.
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