Schwulenschreck und Babyfreund
Wer ist der Mann, der die republikanischen Vorwahlen gleich zu Beginn mächtig aufgemischt hat? Rick Santorum bietet das volle Programm der radikalen Christlich-Konservativen.

Acht Stimmen, 0,1 Prozentpunkte: Der Abstand, mit dem Mitt Romney die erste Runde der republikanischen Vorwahlen für sich entschied, ist derart klein, dass von einem Vorsprung kaum die Rede sein kann. Der «Iowa-Caucus», die erste Etappe in der langwierigen Kandidatenkür, ist aber ein riesiger Triumph für Rick Santorum.
Sein zweiter Platz kann als Sensation gewertet werden. Dass der christlich-konservative Politiker bei den Anhängern der Tea Party hoch im Kurs stand, war bekannt. Doch auf einen derartigen Erfolg des Ex-Senators aus Pennsylvania deutete nichts hin.
20-faches Budget
Ein Vergleich der Wahlkampf-Budgets spricht Bände: Laut der «New York Times» hat Romney bisher über 32,6 Millionen Dollar an Spenden gesammelt und verfügt damit über die am besten gefüllte Kriegskasse aller republikanischen Anwärter. Santorum hingegen steht mit 1,3 Millionen Dollar am unteren Ende der Skala.
Somit haben die republikanischen Vorwahlen gleich zu Beginn eine unerwartete Wendung erfahren, die das Rennen mit ohnehin ungewissem Ausgang noch spannender macht.
«Kein Fötus, ein 20-Wochen-Baby»
Wer aber ist der Mann, der jetzt im Rampenlicht steht – obwohl niemand so richtig mit ihm gerechnet hat? Der Sohn eines italienischen Einwanderer-Kindes wurde 1990, im Alter von 32 Jahren, ins Repräsentantenhaus gewählt. Dann folgte eine steile politische Karriere in Washington, die jedoch genauso abrupt endete: 2006 scheiterte er an seinem demokratischen Herausforderer. Seither arbeitete er als Anwalt – und war als Kommentator regelmässig Gast beim TV-Sender Fox, der mächtigsten Waffe der konservativen Öffentlichkeitsarbeit.
Eine bemerkenswerte Anekdote aus seinem Leben gab Santorum der «Washington Post» vor einigen Jahren preis. Santorum, damals noch Senator, sprach über den Tod des vierten seiner sieben Kinder. Als Frühgeburt kam Gabriel Michael nach nur 20 Wochen Schwangerschaft zur Welt und starb zwei Stunden später.
Statt das verlorene Kind dem Bestatter zu übergeben, fuhren Santorum und seine Frau damit zu ihren anderen Kindern, wo sie den Fötus küssten und liebkosten. «Wir wollten, dass sie sehen, dass er real ist.» Kein «Fötus» also, sondern ein «20 Wochen altes Baby».
Keine Abtreibung trotz Inzest
Santorum verkörpert das volle Programm der radikalen Christlich-Konservativen – das zeigt auch ein Profil, das der «Iowa State Daily» anhand von Aussagen in Interviews und Podiumsdiskussionen erstellt hat. So sollen Abtreibungen verboten sein, auch in Fällen von Inzest und Vergewaltigung. Und die Verfassung soll so geändert werden, dass Gerichte keine Urteile mehr fällen können, die gleichgeschlechtliche Ehen legalisieren.
Auch in Sachen Iran, in den USA das heisse aussenpolitische Thema der Stunde, überrascht Santorums Haltung nicht: «Mit Israel zusammenarbeiten, um die nukleare Gefahr sofort zu beseitigen; und einen Plan für einen potenziellen Militärschlag ausarbeiten.»
«Leute tun abartige Dinge»
In einem Interview mit der Nachrichtenagentur AP macht der Katholik deutlich, was er von gesellschaftlichem Liberalismus hält: «Wenn sie den Leuten sagen, sie könnten alles tun, solange sie es nur in gegenseitigem Einverständnis und in ihrer Privatsphäre täten, dann müssen sie sich nicht wundern, dass die Leute abartige Dinge tun.»
Schwuler Sex zerstöre die Fundamente der Gesellschaft und schade dem Prinzip der starken, gesunden Familie. «Es ist nicht Mann auf Kind oder Mann auf Hund, oder was auch immer», schränkt er dann noch ein.
Im selben Interview aus dem Jahr 2005 wird Santorum gefragt, ob er als Präsident das Recht auf Privatsphäre einschränken würde. «Nicht einschränken», meint Santorum, «aber zurück in den demokratischen Prozess geben.» Wenn New York keine Sittlichkeitsgesetze und die Möglichkeit zur Abtreibung wolle, dann sei das eine Sache. Das solle aber jeder Staat selbst entscheiden – Richtsprüche des Obersten Gerichtshofes hätten da nichts zu suchen.
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