Mehr Tote als in Hiroshima
Ein US-Ökonom kommt zu dem Schluss, dass durch Atomwaffentests in Nevada mehr Amerikaner gestorben sind als durch die Bombenabwürfe in Japan. Noch heute leiden viele Überlebende an den Folgen.

Die USA sind das weltweit einzige Land, das bislang Atombomben in einem Krieg verwendet hat. Nun behauptet ein Forscher, dass durch die Atomwaffentests in Nevada in den 50er- und 60er-Jahren mehr Amerikaner ums Leben gekommen sind als mit den zwei Bombenangriffen in Japan im August 1945. Die Zahl der Todesopfer in Japan wird auf 250 000 geschätzt.
Milch als Auslöser
Der Ökonom Keith Meyers von der Universität Arizona wies in einer Studie auf die schädlichen und vielfältigen Auswirkungen von Atomwaffentests auf Menschen hin. «Diese Studie zeigt, dass es mehr Opfer im Kalten Krieg gab, als bislang angenommen wurde.» Im Mittelpunkt der These von Meyers steht der radioaktive Niederschlag, der sich auch in der Milch abgelagert hat, welche Amerikaner über Jahre getrunken haben.
«Während der 50er-Jahre wurde Milch in der Region verbraucht, in welcher sie hergestellt wurde.» Er meint, dass in den Jahren zwischen 1951 und 1973 im Mittleren Westen und im Nordosten der USA 695 000 Amerikaner an Krebs erkrankt oder gestorben sind, die mit dem radioaktiven Isotop I-131 versetzte Milch getrunken haben.
Bis 1949 wurden Atomwaffentests im Südpazifik durchgeführt. 1963 erfolgte ein Verbot von Tests unter freiem Himmel. Doch insgesamt sind rund 100 überirdische Atomwaffentests in Nevada durchgeführt worden. Oftmals sollten dadurch explizit die Auswirkungen auf Menschen und Tiere überprüft werden, wie Meyers erklärt. Die Verlagerung der Tests unter die Oberfläche habe rund 24 Millionen Menschen das Leben gerettet, erklärt der Wissenschaftler. Dennoch würden auch heute noch einige Menschen unter den Folgen der Atomwaffentests leiden.
Einige dieser Opfer, die während der Atomwaffentests in New Mexico in der Region gelebt haben, machen nun auch öffentlich auf ihre Situation aufmerksam. «Ich erinnere mich, als wäre es gestern passiert», sagt der 89-jährige Darryl Gilmore. Damals habe es lediglich die Information gegeben, dass ein einsam gelegenes Munitionsdepot explodiert sei. Gilmore hat den Grossteil seines Lebens mit Hautkrebs gekämpft.
Vergleich mit Tschernobyl
Die US-Regierung hat bislang 2 Milliarden Dollar an Anwohner entsprechender Testgelände und weitere betroffene Personen gezahlt. Dass radioaktive Isotope von Menschen über Lebensmittel aufgenommen werden, wurde auch nach dem Unfall in Tschernobyl berichtet. Juri Bandaschewski, ein Krebsexperte aus Weissrussland, ist 2005 aus seiner Heimat geflohen. Zuvor musste er wegen Korruption ins Gefängnis, Menschenrechtsgruppen bezeichneten die Vorwürfe als politisch motiviert. Er berichtete von dem radioaktiven Niederschlag, der nach dem Unfall in der Ukraine auch in Weissrussland zu verzeichnen war.
Da die Regierung dort die Bewohner aufgefordert habe, die Radioaktivität zu ignorieren, seien auch weiterhin Lebensmittel in kontaminierten Regionen angebaut worden. Von dort aus seien sie ins ganze Land geliefert worden, sagt Bandaschewski. Meyers erläutert in seiner Studie, dass Amerikaner in der Nähe des Testgeländes in Nevada zwischen 1951 und 1973 einer radioaktiven Aktivität von 12 Milliarden Curie ausgesetzt waren. In Tschernobyl seien es hingegen nur 81 Millionen Curie gewesen.
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